Mettmann. Aufgrund einer fehlenden Kostenschätzung habe die Stadt Mettmann bezüglich des Bürgerbegehrens zur Realschule keinen Ermessensspielraum. Ein Klageverfahren droht – und damit
Eigentlich sollte die Carl-Fuhlrott-Realschule mit dem Start der Gesamtschule sukzessive auslaufen. Bürger stemmen sich allerdings gegen diese Entscheidung: Sie wollen die Realschule retten. Eine Initiative hatte eine Unterschriftenliste bei der Stadtverwaltung eingereicht, die nötige Anzahl an gültigen Unterschriften wurde erreicht.
Am Donnerstag veröffentlichte die Stadtverwaltung eine Meldung mit dem Hinweis über eine Prüfung des Bürgerbegehrens durch eine Anwaltskanzlei. Problematisch sei demnach die weggelassene Kostenschätzung.
„Bürgerbeteiligung ist selbstverständlich begrüßenswert und wird von der Verwaltung auch jederzeit ohne Wenn und Aber unterstützt“, sagt Bürgermeisterin Pietschmann. In der Diskussion um die Prüfung der Zulässigkeit des Bürgerbegehrens zum Erhalt der Realschule wurde der Verwaltung in den vergangenen Tagen vorgeworfen, sie sei mit der Bürgerinitiative auf Konfrontationskurs gegangen. „Das stimmt nicht, wir haben die Initiative von Anfang an in diesem Prozess begleitet und beraten“, stellt Bürgermeisterin Pietschmann klar. Allerdings müssten sich in einem solchen Verfahren auch alle an die Spielregeln halten und die rechtlichen Vorgaben beachten, die im Fall des Bürgerbegehrens im Paragraphen 26 der Gemeindeordnung eindeutig geregelt sind.
Eine Fachkanzlei, die von der Verwaltung mit der rechtlichen Prüfung der Zulässigkeit des Bürgerbegehrens beauftragt wurde, ist vor wenigen Tagen zu dem Ergebnis gekommen, dass in dem Verfahren bei der Kostendarstellung wichtige Informationen, die auf den Unterschriftenlisten hätten mitaufgeführt werden müssen, weggelassen wurden. Darauf hatte die Verwaltung die Initiative vor Monaten schon aufmerksam gemacht.
Initiative: Keine Veranlassung, den Empfehlungen zu folgen
Nachdem der Verwaltung die Unterschriftenliste zum Bürgerbegehren Ende März zur Kenntnis vorgelegt worden war, hatte die Stadt unverzüglich darauf hingewiesen, dass unter anderem die Gesamtkosten für den Erhalt der Realschule und den Neubau der Gesamtschule, zu deren Errichtung die Stadt schulrechtlich verpflichtet sei, umfassend aufgenommen werden müssten. Dies wurde auch konkret aufgeführt. Ansonsten, hatte Dezernent Marko Sucic erklärt, könne eine Nichtbeachtung dazu führen, „dass die erforderliche Zulässigkeitserklärung für den Fortgang des Bürgerentscheids durch den Rat der Stadt Mettmann nicht gegeben werden kann“.
Die Initiative erklärte laut Stadtverwaltung daraufhin: „Nach Rücksprache mit dem uns beratenden Verwaltungsrechtler teilen wir Ihnen mit, dass wir keine Veranlassung sehen, Ihren Empfehlungen zu folgen.“
Aus dem Rathaus heißt es zudem: „Zur Überprüfung der für die Stadt in der Frage der Entwicklung der künftigen Schullandschaft so wichtigen Frage hatte sie eine Anwaltskanzlei beauftragt, ein Rechtsgutachten zum Bürgerbegehren zu erstellen. Die Juristen kommen wie die Stadt zu dem Urteil, dass das Bürgerbegehren nicht zulässig ist, weil auf den Unterschriftenlisten nicht sämtliche finanziellen Auswirkungen für die Stadt aufgeführt sind.“
Die Stadt, betont Bürgermeisterin Pietschmann, sei rechtlich dazu verpflichtet, die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens zu prüfen. „Da haben wir überhaupt keinen Ermessensspielraum.“
Sollte der Rat das Bürgerbegehren dennoch für rechtlich zulässig erklären, müsste die Bürgermeisterin dies sogar beanstanden, teilt die Stadtverwaltung mit.
Die Diskussion um die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens wird auf den Start der Gesamtschule keine Auswirkungen haben. Die Schule wird wie geplant nach den Sommerferien mit fünf Eingangsklassen den Unterricht in der ehemaligen Anne-Frank-Schule aufnehmen. Und auch an der Realschule wird die Unterricht nach den Ferien fortgesetzt.
„Wir werden den Sachstand des aktuellen Realschulgebäudes nicht verändern“, so Dezernent Sucic.
Fraktionen unterschiedlicher Meinung
Die Mettmanner Fraktionen sind unterschiedlicher Ansicht. Die Linke hatte bereits angekündigt, dem Bürgerbegehren nicht im Weg stehen zu wollen. Der Ortsverband spricht sich für eine Zulässigkeit aus.
„Wie auch das Rechtsgutachten, welches die Verwaltung eingeholt hat, aussagt, handelt es sich bei dem strittigen Sachverhalt, um eine wertige Frage, welche, und daran lassen selbst die Gutachter keinen Zweifel, von einem Verwaltungsgericht anders bewertet werden könnte“, meint der Fraktionsvorsitzende André Bär. Man soll das Begehren daher „wohlwollend auslegen“, auch vor dem Hintergrund eines möglicherweise mehrere Monate andauernden Klageverfahrens.
Ganz anders die Mettmanner Grünen: Sie appellieren an die Bürgerinitiative, von einer Klage abzusehen.
Auf das Gutachten der Kreisstadt bezugnehmend, erklärt Fraktionssprecherin Rebecca Türkis: „Diese Fehlinformation führt dazu, dass die unterzeichnenden Bürgerinnen und Bürger die Folgen der Forderung nicht richtig einschätzen konnten“. Gerade in der „sehr
prekären Haushaltslage“ seien die Mehrkosten eines Baus und Betriebs von zwei Schulen nicht haltbar, so Türkis.
Die Verwalte hatte hierzu bereits eine Schätzung vorgelegt, nach der allein der Erhalt der Realschule rund 27 Millionen Euro kosten würde.
Auch bei den Grünen erwartet man ein länger andauerndes Klageverfahren, durch das „zusätzliche Kosten entstehen, wenn beispielsweise deutlich mehr Schulcontainer zur Unterbringung der Schülerinnen und Schüler angemietet werden müssten, da das Realschulgebäude nicht eingeplant werden könnte“. Daher appellieren die Grünen an die Initiative, von einer Klage abzusehen.
Aber: Grundsätzlich unterstützten die Grünen direkte Demokratie in Form von Bürgerinitiativen und Bürgerbegehren sehr deutlich, heißt es vom Ortsverband. Daher könnt sich Fraktionssprecher Nils Lessing eine Wiederholung der Unterschriftensammlung, diesmal mit korrekter Kostenangabe, „gut vorstellen“.
Lessing zum grundsätzlichen Anliegen der Initiative: „Natürlich verstehen wir die Sorge der Jugendlichen, die derzeit die Realschule besuchen. Allerdings müssen wir jetzt in die Zukunft schauen. Denn die Elternbefragung an den Grundschulen hat eindeutig ergeben, dass die Realschule als Schulform nicht mehr nachgefragt wird, sobald eine Gesamtschule angeboten wird. Die von der Bürgerinitiative favorisierte Variante würde den städtischen Haushalt enorm belasten und zur Instandsetzung einer Schule führen, die nach einigen Jahren mangels Nachfrage von selbst ausläuft. Diese Situation kann niemand wollen.“