
Düsseldorf. Es ist ein ungewöhnlicher Freitagvormittag in der Katholischen St.-Benedikt-Hauptschule im Herzen Düsseldorfs gewesen: Das Hennefer Forumtheater “inszene”, das immer wieder brennende Themen auf die Bühne bringt, zeigte eine bewegende Präventionsaufführung zur sogenannten „Loverboy-Masche“. Ermöglicht wurde das Projekt durch den Rotary Club Neandertal (Erkrath), der damit bereits die zweite Düsseldorfer Schule – die erste Aufführung fand in der Hauptschule Eller Forst statt – bei der wichtigen Aufklärungsarbeit unterstützt.
Rund 40 Schülerinnen der Klassen 8 und 9 verfolgten gebannt, wie alltäglich, unauffällig und zugleich gefährlich der Einstieg in emotionale Abhängigkeit verlaufen kann. Das Theaterstück namens „Getäuscht“ zeigt eine fiktive Geschichte, wie sie überall passieren könnte: Ein 21-jähriger junger Mann nimmt über soziale Medien Kontakt zu einem 16-jährigen Mädchen auf. Er wirkt charmant, aufmerksam, selbstbewusst. Mit Komplimenten, kleinen Aufmerksamkeiten und vermeintlicher Fürsorge baut er Vertrauen auf. Die Schülerin – Tochter einer alleinerziehenden Mutter – fühlt sich zum ersten Mal wirklich wahrgenommen. Ein „toller Typ“ interessiert sich für sie. Die Treffen häufen sich, Geschenke folgen, alles fühlt sich aufregend an.
Gleichzeitig geraten Schule und Freundschaften immer mehr in den Hintergrund. Lehrkräfte und Mutter werden skeptisch, doch der junge Mann versteht es, das Mädchen schrittweise von ihrem Umfeld zu isolieren. Im weiteren Verlauf der Aufführung wird die emotionale Dynamik zunehmend beklemmend. Der junge Mann setzt das Mädchen unter Druck, stellt Forderungen, behauptet, in Schwierigkeiten zu stecken. Was als Unterstützung beginnt, wird zur völligen Abhängigkeit. Grenzen verschwimmen, Vertrauen wird ausgenutzt, Entscheidungen durch Angst und Loyalität ersetzt. In diesem Fall endet es in Prostitution.
Die Schülerinnen der Hauptschule erlebten im Saal hautnah, wie psychologische Manipulation funktioniert: wie kleine Schritte ausreichen, um jemanden von Freunden,
Familie und Schule zu entfremden – bis kaum noch ein Ausweg erkennbar ist. Der Applaus am Ende war lang und intensiv – Ausdruck von Betroffenheit und Bewunderung für die schauspielerische Leistung zugleich.
Nach dem Stück folgte ein zweiter, zentraler Teil der Veranstaltung: eine moderierte Gesprächs- und Reflexionsrunde, geleitet vom professionellen Team des Forumtheaters. Hier zeigte sich eindrucksvoll, wie tief die Aufführung nachwirkte. Die Schülerinnen beteiligten sich intensiv, stellten Fragen und diskutierten offen über Frühwarnzeichen, den Aufbau von Vertrauen und Abhängigkeit und welche – auch frühen – Möglichkeiten der Hilfe es gibt.
„Ich bin tief beeindruckt von der Professionalität und der Sensibilität, mit der die Schauspieler diese schwierige Thematik dargestellt haben“, sagte Gerlinde Schulte-Kramm, Direktorin der St.-Benedikt-Hauptschule Düsseldorf. „Sie machen die Mechanismen der Manipulation klar und verständlich sichtbar.“ Besonders bewegt hat sie, „wie intensiv und kreativ unsere Schülerinnen sich anschließend in die Diskussion eingebracht haben. Sie haben nach Frühwarnzeichen gefragt, Risiken benannt und gemeinsam überlegt, wie man im echten Leben reagieren kann: sei es durch Gespräche mit Eltern und Freundinnen, durch das Vertrauen in Lehrkräfte und Schulsozialarbeit oder durch spezialisierte Beratungsstellen.“ Die Reaktionen der Schülerinnen waren jedenfalls eindeutig: Sie reichten von „krass“ und „erschreckend“ über „voll heftig“ bis zu „wie schnell das geht“.
Ausdrücklich bedankte sich Schulleiterin Schulte-Kramm beim Rotary Club Neandertal, „der diese wertvolle Form der Präventionsarbeit in Düsseldorf möglich gemacht hat.“ Die Erkrather Rotarier setzen sich immer wieder gezielt für Präventionsarbeit ein – gerade in Bereichen, die Jugendliche besonders betreffen. „Wenn nur eine Schülerin nach dieser Aufführung früher Hilfe sucht oder eine gefährliche Entwicklung erkennt, hat sich unser Einsatz gelohnt“, betonten die Initiatoren. Die Veranstaltung zeigte eindrucksvoll, wie notwendig Aufklärung über manipulative Beziehungen ist – und wie gut Jugendliche darauf reagieren, wenn man sie ernst nimmt und ihnen Raum für Austausch gibt.

