Siegel der Polizei hängen an einer Wohnungstür in einem Wohnhaus. Foto: Marcel Kusch/dpa/Archivbild
Siegel der Polizei hängen an einer Wohnungstür in einem Wohnhaus. Foto: Marcel Kusch/dpa/Archivbild

Im Prozess um die Solinger Kindermorde haben die Verteidiger einen neuen Befangenheitsantrag gegen den psychiatrischen Gutachter gestellt.

Die Angeklagte habe bereits als Jugendliche bei einem Klinik-Aufenthalt in Viersen berichtet, Opfer sexuellen Missbrauchs und einer Vergewaltigung geworden zu sein, sagte Verteidiger Thomas Seifert am Mittwoch dem Wuppertaler Landgericht. Dies sei auch in der damaligen Behandlungsdokumentation enthalten, vom Gutachter aber «bewusst unterschlagen» worden.

Der Psychiater wehrte sich gegen die Vorwürfe: Die von den Verteidigern vorgelegten Unterlagen aus Viersen sehe er «zum ersten Mal». Er habe sie nicht erhalten. «Ich habe das zugrunde gelegt, was mir von der Klinik zur Verfügung gestellt wurde», sagte er. Weitere Unterlagen, die er ergänzend angefordert habe, habe er erst am Dienstag erhalten.

«Man kann ihm das glauben, ich glaube es ihm nicht», sagte Rechtsanwalt Thomas Seifert. Der Gutachter müsse zwingend abberufen werden. «Das schreit alles nach einer Neu-Begutachtung», sagte er.

Der Gutachter hatte der Angeklagten in einem Zwischenbericht volle Schuldfähigkeit attestiert. Die Verteidiger sehen dagegen Anzeichen für eine schwere Persönlichkeitsstörung als Folge sexueller Übergriffe im Kindesalter. Dies könnte die Angeklagte vor einer Verurteilung zu lebenslanger Haft bewahren – zugunsten einer Einweisung in eine geschlossene Psychiatrie.

Der Prozess soll am 11. August fortgesetzt werden. Das Gericht kündigte am Mittwoch weitere Verhandlungstage bis in die zweite Oktoberhälfte an.

Der 28-jährigen Deutschen droht lebenslange Haft, weil sie fünf ihrer sechs Kinder ermordet haben soll. Die Leichen ihrer Kinder waren am 3. September vergangenen Jahres in der Wohnung der Familie in Solingen entdeckt worden: Melina (1), Leonie (2), Sophie (3), Timo (6) und Luca (8).

Ihre Mutter hatte sich nach der Tat im Düsseldorfer Hauptbahnhof vor einen Zug geworfen, aber überlebt. Ihr ältester Sohn blieb unverletzt. Seine Mutter hatte ihn zur Großmutter an den Niederrhein geschickt. Die Angeklagte bestreitet die Vorwürfe. Ein Unbekannter habe ihre Kinder getötet.