Ratingen. Mit einer feierlichen Veranstaltung im LVR-Industriemuseum Textilfabrik Cromford ist am 10. Juli der erste Frauen-Ort NRW in Ratingen eröffnet worden.
Anlass war der 250. Geburtstag von Sophie Brügelmann – Unternehmerin, Mutter und prägende Persönlichkeit der Cromforder Textilgeschichte. Rund 70 Gäste nahmen an der Ehrung teil, darunter Vertreter*innen aus Politik, Museum und Gesellschaft.
Die neue Informationstafel zu Ehren Sophie Brügelmanns wurde gemeinsam enthüllt von Ulrike Lubek, Direktorin des Landschaftsverbands Rheinland (LVR), Petia Genkova vom Vorstand des Frauen-Rat NRW, dem Ratinger Bürgermeister Klaus Konrad Pesch sowie Museumsleiterin Claudia Gottfried. Die Tafel würdigt das Leben und Wirken Sophie Brügelmanns, die das Unternehmen Cromford als Witwe mit unternehmerischem Geschick über Jahrzehnte führte.
Wer kennt Sophie Brügelmann? Diese Frage stand auf pink-roten Plakaten mit dem Konterfei von Sophie Brügelmann, die rund um die Textilfabrik Cromford platziert waren. Darunter der Anspruch: „Frauengeschichte(n) sichtbar machen!“. Und das gelang an diesem Abend! Vor der prächtigen Kulisse des Herrenhauses Cromford, das mit roten und pinken Ballons geschmückt war, würdigte Ulrike Lubek in ihrem Grußwort Sophie Brügelmann als eine „der wichtigsten Personen aus der Geschichte der Textilfabrik“. Petia Genkova erklärte die Entstehung des Projekts Frauen-Orte NRW. Die Idee entstand während der Corona-Pandemie und verfolgt das Ziel, „die kleinen und großen Heldentaten von Frauen in den Fokus zu rücken“. Klaus Konrad Pesch würdigte in seiner Rede ebenfalls die Rolle von Frauen in der Geschichte und ganz besonders Sophie Brügelmann, die es geschafft hat, einen „Daumenabdruck zu hinterlassen, der auch ein Vierteljahrtausend später noch sichtbar ist“. Nach den drei Grußworten stellte Claudia Gottfried Sophie Brügelmann und deren Wirken in Cromford vor: „Sehr gebildet, kompetent und weitsichtig, manchmal auch unkonventionell und vor allem sehr flexibel auf die jeweiligen Situationen reagierend.“ So beschrieb die Museumsleitung Sophie Brügelmann, „die sich tough in einer Männerdomäne behauptete“.
Über Sophies Wirken informiert auch eine Tafel, die anschließend gemeinsam enthüllt wurde. Das kulinarische Angebot orientierte sich an einer Bestellung Sophie Brügelmanns bei einem Kölner Konditor. Neben Mandeln und Zitronenspänen nach einem Rezept aus dem 19. Jahrhundert gab es verschiedene herzhafte Delikatessen. Führungen durch das Herrenhaus auf den Spuren der Unternehmerin ergänzten das Programm.
Fast 30 Jahre lang leitete Sophie Brügelmann, die Schwiegertochter des Spinnereigründers, die Geschäfte der Baumwollspinnerei und führte das Unternehmen sicher durch Krisen − als Witwe und Mutter von drei Kindern. Die Unternehmerin stammte aus der wohlhabenden Wuppertaler Kaufmannsfamilie Bredt und erhielt eine umfassende Bildung. Zu dieser gehörten neben kaufmännischen Fähigkeiten auch Kunstunterricht. Im Alter von 29 Jahren heiratete Sophie Brügelmann Johann Gottfried jun., der bereits nach vier Ehejahren verstarb. Fortan leitete die Witwe das Cromforder Unternehmen. Mit 62 Jahren übergab die gebildete, selbstbewusste und kluge Unternehmerin die Leitung an ihren Sohn Moritz. Noch heute lassen sich ihre Spuren im Herrenhaus Cromford finden – ein Grund mehr, ihr mit dem ersten Frauen-Ort in Ratingen ein dauerhaftes Denkmal zu setzen.
Sophie Brügelmann wurde als einer von 52 Frauen-Orten NRW ausgezeichnet. Das Projekt würdigt bis Ende 2025 bedeutsame Frauenpersönlichkeiten, die im heutigen Nordrhein-Westfalen gewirkt haben. Projektträger ist der Frauen-Rat NRW. Gefördert wird das Projekt durch das Ministerium für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration des Landes Nordrhein-Westfalen. Schirmpatin ist Gleichstellungsministerin Josefine Paul.
Führung am Sonntag
Am Sonntag, 13. Juli, ab 14 Uhr, bietet das LVR-Industriemuseum eine thematische Führung durch das Herrenhaus Cromford an. Unter dem Titel „Frauenleben in Cromford“ lernen die Gäste das Leben von Unternehmerin Sophie Brügelmann sowie das weibliche Personal in Haus und Fabrik im frühen 19. Jahrhundert kennen. Die Kosten betragen für Kinder und Jugendliche drei Euro, für Erwachsene 5,50 Euro. Der Eintritt erfolgt nach dem Prinzip „Zahl was du willst“.
Tickets können vorab an der Museumskasse oder im Webshop gebucht werden: www.shop.industriemuseum.lvr.de.