Ratingen. Die Wallstraße wird in wenigen Jahren ein neues Gesicht erhalten. Der neu aufgeteilte Straßenraum soll zukünftig allen Verkehrsteilnehmern gerecht werden.
Für den Fuß- und Radverkehr wird es deutliche Verbesserungen geben, so wird man zukünftig sicher und bequem in beide Richtungen radeln können. Autofahrer werden die Wallstraße weiterhin von der Düsseldorfer Straße in Richtung Oberstraße befahren können. Der Bezirksausschuss Mitte und der Ausschuss für Stadtentwicklung und Mobilität haben die Pläne am 5. März beschlossen, nun werden sie am 14. März der Öffentlichkeit vorgestellt.
Seit einem Jahrzehnt befindet sich die Ratinger Innenstadt in einem beständigen Wandel. Ein Schwerpunkt der Aktivitäten liegt in der südlichen Innenstadt. „Dort sind mehrere zukunftsweisende Umbauprojekte miteinander verzahnt, die mit Bundes- und Landesmitteln gefördert werden“, sagt Petra Cremer, die Technische Beigeordnete der Stadt Ratingen. „So hat zum Beispiel der zentrale Bus- und Bahnhaltepunkt Ratingen-Mitte für sich genommen viele Vorteile für die Reisenden, das neue Quartier der Wallhöfe bietet aber zusätzlich einen direkten und attraktiven Zugang zur historischen Innenstadt. Neben den Wallhöfen mit ihrem Nahversorgungsangebot und ihren attraktiven Wohnungen wird demnächst eine ergänzende Quartierstiefgarage gebaut, und darauf schließlich der neue Wall-Park für alle Generationen.
Ein weiterer Mosaikstein ist die Umgestaltung der Wallstraße. Deren südlicher Rand war bis vor wenigen Jahren nahezu vollständig bebaut. Nach und nach erwarb die Stadt die abgängigen Häuser – mit dem Ziel, sie abzureißen und an ihrer Stelle einen Park zu errichten, der in Form eines Grünzugs in Richtung Stadthalle und weiter in den Ratinger Süden verlängert wird. Die aktuelle Parkplanung nimmt im Übergang zur Wallstraße die historischen Bezüge der ehemaligen Stadtbefestigung auf.
Schon dadurch erhält die neue Wallstraße eine hohe Aufenthaltsqualität. Dem trägt die Straßenplanung zusätzlich Rechnung. Der Verkehr soll deutlich entschleunigt werden. Autos dürfen weiter hindurchfahren, um die innerstädtischen Tiefgaragen zu erreichen, aber nur noch mit Tempo 20. An den Gässchen, die in die Wallstraße münden, werden Aufpflasterungen auf querende Fußgänger hinweisen und zusätzlich bremsen. Im Bereich der Bechemer Straße wird die Ampel abgebaut, dort wird der Übergang für Fußgänger besonders breit und deutlich durch Pflaster kenntlich gemacht. „Damit gelingt die Anbindung der südöstlichen Bechemer Straße an die zentrale Fußgängerzone“, sagt Petra Cremer. „Zurzeit hat die Fahrbahn der Wallstraße dort eine deutlich trennende Wirkung.“
Der Bereich um das Stadttor an der Bechemer Straße wird noch mehr als heute den Charakter eines Platzes erhalten und zum Verweilen einladen. Für genügend Aufstellfläche für den Lieferverkehr wird gleichwohl gesorgt sein, denn darauf können die Geschäfte natürlich nicht verzichten.
„Einen Qualitäts-Quantensprung wird es für den Radverkehr geben“, sagt Petra Cremer. Von der Brunostraße aus bis zur Düsseldorfer Straße wird man künftig auf einem eigenen Radverkehrsstreifen entgegen der heutigen Einbahnrichtung radeln können, um an den Wallhöfen Anschluss an die Düsseldorfer Straße und Grabenstraße zu erhalten.
Dass dies funktioniert, demonstrierten die städtischen Verkehrsplaner vor der Ausschusssitzung am 5. März mit einem Feldversuch. Auf einem improvisierten Pop-up-Radweg konnten Mitglieder des Gremiums von der Brunostraße bis zur Bechemer Straße radeln. Der Effekt war eindeutig. Das Radeln war bequem und sicher, Autos fuhren automatisch langsamer.
Nach dem positiven Votum der Ausschüsse werden die Pläne für die Wallstraße am Donnerstag, 14. März, der Öffentlichkeit vorgestellt. Interessierte Bürgerinnen und Bürger sind ab 18 Uhr in die Stadthalle eingeladen, um sich dort zu informieren, Anregungen, Lob und Kritik zu äußern.
CDU übt Kritik an der Entscheidung
Bei der durchaus richtungsweisenden Entscheidung zur Ausgestaltung der Wallstraße ist nun unter enormen Zeitdruck ein Entschluss gefasst worden, ohne abschließende Diskussionen zur weiteren Optimierung von Problemen der Planung zuzulassen. Ein unangemessenes Verfahren, wie die CDU nun moniert.
Die Wallstraße soll sich verwandeln, soll mehr Aufenthaltsqualität bieten und eine Verkehrsachse für alle Formen der Mobilität werden – darüber ist man sich über die Parteigrenzen hinweg einig. Danach endet jedoch bereits der Konsens, wie in der gemeinsamen Sitzung des Stadtentwicklungs- und Mobilitätsausschuss (StaMA) und Bezirksausschuss Mitte (BezA 1) am vergangenen Dienstag deutlich wurde. CDU-Fraktionschef Stefan Heins erläutert die Hintergründe: „Am 20. Februar konnten StaMA und BezA 1 erstmals über einen Entwurf zur Umgestaltung der Wallstraße beraten. Kernstück der vorgestellten Planung war und ist eine Verkehrsführung des Radverkehrs entgegen der Einbahnstraße, also von der Brunostraße in Richtung Düsseldorfer Straße. Zusätzlich soll die Straße zu einer 20er-Zone werden und auch für Fußgänger deutlich aufgewertet werden.“ Bei der Vorstellung im Februar war sich die Politik jedoch über Parteigrenzen hinweg einig, dass für einen Beschluss Änderungen notwendig seien, so fehlten beispielsweise ausreichende Lieferzonen für die Geschäfte und Behindertenparkplätze im Bereich der Wallhöfe.
Die CDU sah jedoch größeren Nachbesserungsbedarf. CDU-Fraktionsvize und Innenstadtsprecher im Bezirksausschuss, Gerold Fahr, erklärt: „Die Wallstraße hat viele Funktionen. Sie entlastet die Fußgängerzone Innenstadt als Zu- und Abfahrt für PKW zu vielen Parkhäusern, sie dient als Lieferzone für zahlreiche Geschäfte, dient den Bewohnern zur Erschließung und ist Verbindungsachse für alle Mobilitätsformen. Insbesondere der Fußverkehr wird mit Eröffnung des Wallparks zunehmen und ist aus unserer Sicht elementar zu schützen. Hier war für uns bereits bei der ersten Vorlage unverständlich, wieso Fußwege teilweise nur 1,65 m breit, mit Verweis auf die gesetzlich normierten Engstellenwerte, gestaltet wurden, während der Radstreifen in Gegenrichtung mit 2,10 m Gesamtbreite durchgehend über die normierten Maße hinaus gestaltet wurde.“
Die CDU bat entsprechend um ausdifferenzierte Nachbesserungen. Da die Verwaltung angab, zur Sicherstellung von Fördermitteln kurzfristig eine Entscheidung herbeiführen zu wollen, verabredete man sich zwei Wochen später zur erneuten Beratung, nachgebesserte Unterlagen wurden zugesagt. Am Montag folgte dann die Ernüchterung „Die überarbeitete Vorlage hatte die Verwaltung mit Hochdruck schnell erarbeitet, sie wurde uns am Montagnachmittag zur Verfügung gestellt, gerade einmal 24 Stunden vor der nächsten Sitzung. Zu wenig Zeit, um mit unseren Experten die Planung ausführlich zu besprechen“, so Fahr.
Diese Problematik stellte man im Ausschuss ausführlich dar. „Wir haben auf die Bedeutung der Umgestaltung klar hingewiesen. Auch wenn es Nachbesserungen bei Stellplätzen und Lieferzonen gab, wurden die Probleme für den Fußverkehr nicht angegangen, auch der aus unserer Sicht durchgehend überbreite Radweg sowie die Problematik von hohen Geschwindigkeiten des Radverkehrs und Konfliktpunkten an Ausfahrten wurden aus unserer Sicht nicht hinreichend aufgenommen“, erklärt Fraktionschef Stefan Heins. Entsprechend habe man um eine Entscheidungsvertagung von zwei Wochen gebeten. „Es ist guter politischer Stil, dass man Fraktionen Beratungsbedarf gewährt, wenn diese ernsthaften Zweifel an Planungen anmelden. Dies schien den anderen Fraktionen jedoch egal gewesen zu sein, man wollte unbedingt eine Entscheidung herbeiführen“, so Heins weiter.
Im Nachgespräch wurde nochmal deutlich: Auch wenn für den 14. März eine Bürgerinformation zur Wallstraße geplant ist, wird dort lediglich der Planungsstand vorgestellt, diese Veranstaltung hätte nicht einen Beschluss am 21. März, dem nächsten regulären Tagungstermin der BezA 1 verhindert.
„Wir sind ausdrücklich nicht gegen die grundsätzlichen Planungen, wir setzen uns selbst seit Jahren für eine Verbesserung der Wallstraße ein. Was wir monieren, ist der immer noch für uns nicht hinreichend begründete Fokus auf den gegenläufigen Radstreifen zu Lasten insbesondere von Fußgängern. Warum man an keiner Stelle bereit ist, den Radstreifen auf das Regelmaß (wie an der Düsseldorfer Straße) oder den Straßenraum zu verengen, um mehr Platz für Bürgersteige zu schaffen und somit dem komplexen Anspruch der Wallstraße zu genügen, ist für uns nicht nachvollziehbar“, erklärt Fraktionsvize Gerold Fahr.
„Dass trotz der offensichtlichen Adhoc-Umplanung ein Beschluss herbeigeführt wurde, dass trotz der differenziert geäußerten Zweifel keine weitere Beratung zugelassen wurde, hat für uns mehr als einen bitteren Beigeschmack, es ist ein Zeichen schlechten Stils mit möglicherweise weitreichenden Folgen für die Bürger. Daher haben wir uns, nach ausführlicher, fraktionsinterner Diskussion, entschieden, den Entwurf abzulehnen“, so Fahr nach der Sitzung. Die beiden Christdemokraten betonen ausdrücklich, dass dies keine Ablehnung des grundsätzlichen Konzeptes sei, sondern vielmehr eine Ablehnung des gewählten Verfahrens. „Dass ein Beschluss, der nicht unter akuten Zeitdruck stand, nun durchgedrückt wurde, konnten wir nicht mittragen. Wir hätten uns gewünscht, dass die Planungen nochmal in Details überarbeitet worden wäre. Mit dem jetzigen Stand sind Konflikte wegen zu schmaler Fußwege, Gefahrenpunkten an Einmündungen, überhöhte Geschwindigkeiten von Radfahrenden und regelwidriges Halten mangels legaler Möglichkeiten vorprogrammiert. Dies wird die Wallstraße für Jahrzehnte in ihrer Erschließungsfunktion schwächen“, sind sich Stefan Heins und Gerold Fahr einig.