Ratingen/Gleiwitz. Am 27. Januar wird der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz mit seinem Vernichtungslager Birkenau vor 80. Jahren gedacht.
Die Befreiung passierte im Rahmen der sogenannten „Operation Weichsel-Oder“, mit der die Rote Armee am 12. Januar 1945 eine strategische Offensive auf der 1.200 Kilometer breiten Ostfront zwischen Ostsee und Karpaten begann. Doch bevor die Sowjets Auschwitz erreichten, wurden alle Häftlinge, die laufen konnten, auf so genannte Todesmärsche Richtung Westen geschickt. Das Vorgehen der SS-Schergen war gnadenlos und brutal. Wer unter den Bedingungen des eiskalten Winters nicht weiterkam, wurde hingerichtet. Ausnahmen gab es nicht, denn Zeugen sollte es nicht geben.
Der Pole Krzysztof Kruszyński vom Stedtteilrat in Bojków und die Deutsche Cornelia Stieler (Schönwalds Erben e.V.) entdeckten vor zwei Jahren eine neue Route des Todesmarsches. Diese führt durch das ehemalige deutsche Musterdorf Schönwald (heute: Bojków, Stadtteil von Gliwice), das Dorf, aus dem die Vorfahren von Cornelia Stieler stammen, und in dem die aus Ostpolen vertriebenen Vorfahren von Krzystof Kruszyński ihre neue Heimat fanden. Zusammen haben die Beiden nun ein deutsch-polnisches Bildungs- und Gedenkprojekt entwickelt. Das Bildungsprojekt findet in Auschwitz statt und wird von der Stiftung für deutsch-polnische Zusammenarbeit gefördert. In Bojków wiederum wird nun nach 80 Jahren erstmals ein Denkmal mit Erinnerungstafeln in Polnisch, Hebräisch, Englisch und Deutsch errichtet. Dieses wird von der im nordrhein-westfälischen Ratingen ansässigen Stiftung-Haus Oberschlesien mitfinanziert. Ein entsprechender Kooperationsvertrag wurde kürzlich im Haus Oberschlesien geschlossen.
Bei der Denkmalenthüllung am 19. Januar 2025 in Gleiwitz werden ein Überlebender sowie einige Nachkommen von jüdischen Häftlingen aus den Niederlanden teilnehmen. Auch Medienteams aus Polen, den Niederlanden und Großbritannien haben sich zu den Feierlichkeiten angekündigt. Aus Deutschland werden, neben Schönwalds Erben e.V. und der Stiftung Haus Oberschlesien, ebenfalls das Bundesarchiv und das IBB Dortmund vertreten sein. Sowohl der nordrhein-westfälische Landtagspräsident André Kuper als auch Ministerpräsident Hendrik Wüst lassen aus diesem Anlass Kränze niederlegen. Gleiwitz liegt bekanntlich in der Partnerregion des Landes Nordrhein-Westfalen, der oberschlesischen Woiwodschaft Schlesien. Zwischen den Regionen bestehen Jahrhinderte lange Beziehungen.
„Ich bin dankbar, dass die Stiftung Haus Oberschlesien die Gelegenheit erhalten hat, sich an dem Projekt zu beteiligen“, betont Stiftungsvorsitzender Sebastian Wladarz. Es sei ein Projekt der Menschlichkeit und gegen das Vergessen. „Wenn man Zeitzeugenberichte hört, die von Cornelia und Krzysztof zusammengetragen wurden, in denen erzählt wird, dass die Leichen in Schönwald mit Mistgabeln verscharrt wurden, oder dass Kindern von ihren Lehrern gesagt wurde, die Toten am Straßenrand seien gar keine Menschen, sondern bloß Juden, dann bringt das einen an den Rand dessen, was man emotional ertragen kann“, sagt der gebürtige Gleiwitzer erschüttert. Man könne es kaum in Worte fassen. Deshalb wolle er zusammen mit den deutsch-polnischen Partnern diesen namenlosen Toten durch das Denkmal ein Stück Würde zurückgeben, die ihnen von den Nazis genommen wurde. „Und natürlich soll dies auch ein Zeichen gegen das Vergessen sein. Und dass der Mensch vergisst erleben wir leider gerade in der Ukraine. Butscha ist nur eins der schrecklichen Beispiele dafür“, sagt Wladarz nachdenklich.
Aus diesem Grunde wolle man auch weitermachen. Es solle einerseits eine Publikation geben, andererseits ist geplant, die Ereignisse für die historisch-politische Bildung aufzuarbeiten. Gespräche mit entsprechenden Partnern sollen bereits am Rande der Gedenkfeier stattfinden. „Es soll etwas Nachhaltiges für die Jugend sein. Die Partnerschaft zwischen Nordrhein-Westfalen und der Woiwodschaft Schlesien bietet hier eine echte Chance. Wenn wir die richtigen Partner zusammenbringen, kann eine Zusammenarbeit funktionieren, zumal Gleiwitz historisch nicht nur über den Sender, sondern auch das Gedenkhaus Oberschlesischer Juden viel zu bieten hat. Auch deshalb danke ich dem Landtagspräsidenten und dem Ministerpräsidenten für die Sichtbare Unterstützung des Projekts“.
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