Gewerkschafter Hakan Civelek leitet die Velberter Geschäftsstelle der IG Metall. Foto: IG Metall
Gewerkschafter Hakan Civelek leitet die Velberter Geschäftsstelle der IG Metall. Foto: IG Metall

Velbert. Die IG Metall hat die betrieblichen Arbeitnehmerinteressenvertretungen zur wirtschaftlichen Situation in den Betrieben befragt. Über 2.500 Betriebe haben sich bundesweit beteiligt, in denen knapp 1,2 Millionen Industriebeschäftigte arbeiten.

Aus dem niederbergischen Raum haben rund 45 Betriebe an der Befragung teilgenommen, wie die IG Metall mitteilt.  Im Vergleich zur letzten Befragung im Herbst 2022 werden die betrieblichen Aussichten für die nächsten drei bis sechs Monaten insgesamt noch etwas besser eingeschätzt. 70 Prozent der Betriebe bewerten die wirtschaftliche Aussicht für den Betrieb als gut oder sehr gut. 2022 waren es noch 63 Prozent. Gut drei Viertel der Betriebe berichten von derzeit unverändert guten oder sehr guten Zahlen in Bezug auf Auslastung (63 Prozent), Auftragsbestand (81 Prozent), Auftragseingänge (74 Prozent) und Umsätze (73 Prozent).

Eine weitere positive Entwicklung ist, dass die Störungen der Lieferketten zuletzt rückläufig waren. Knapp die Hälfte der Unternehmen berichten von stabilen Lieferketten, noch im Herbst waren es lediglich 27 Prozent. Gleichwohl kämpfen die Unternehmen immer noch mit erhöhten Materialpreisen und insbesondere Halbleiter, Mikrochips und Mikroelektronik stehen dem Markt immer noch nicht im ausreichendem Maß zur Verfügung.

Hakan Civelek, Geschäftsführer der IG Metall Velbert weist zudem darauf hin, dass nur 9 Prozent der Betriebe die gestiegenen Kosten für Material und Energie vollständig an die Kunden weitergeben. 76 Prozent der Betriebe geben an, dass sie die gestiegenen Preise nur teilweise an die Kunden weitergeben können. „Daher ist es nicht verwunderlich, dass – obwohl die Auftragslage stabil ist – nur 59 Prozent der befragten Unternehmen die Gewinne als sehr gut oder gut bewerten“, so Civelek.

Die Gewerkschaft kritisiert, dass die im internationalen Maßstab extrem hohen Energiekosten die Industriebetriebe stark belasten. Denn die Preise können nur bedingt weitergegeben werden, wodurch die Profitabilität der Unternehmen sinkt. „Dies wirkt sich wiederum negativ auf die Investitionstätigkeit aus, wodurch die Wettbewerbsfähigkeit und damit auch die Zukunftsfähigkeit vieler Unternehmen in Gefahr gerät. Viele Unternehmen denken über Verlagerungen nach. Das gefährdet unzählige Industriearbeitsplätze. Deshalb müssen energieintensive Unternehmen von den horrenden Energiepreisen entlastet werden“, sagt Hakan Civelek.

Fachkräftemangel bereitet sorgen

Die IG Metall Velbert weist neben den hohen Energiekosten auf einen weiteren Risikofaktor hin: den Arbeitskräfte- und Fachkräftemangel.

In den nächsten Jahren erreichen die sogenannten Babyboomer das Renteneintrittsalter, wodurch der aktuell bereits vorhandene Fachkräftemangel nochmals verstärkt wird. „Zwar ist die Zahl der Erwerbstätigen in Deutschland seit 2006 stetig gestiegen und wir zählen heute wieder mehr Erwerbstätige, als noch vor der Corona-Pandemie, der Fachkräftemangel ist allerdings für viele Unternehmen ein echtes Problem. Der Arbeitsmarkt ist sozusagen leer gefischt.

Viele niederbergische Unternehmen wollen deshalb vermehrt ausbilden, finden allerdings keine Azubis oder dual Studierende. Dieses Problem wird sich in den nächsten Jahren noch verstärken“, so Hakan Civelek. Deshalb fordert die Gewerkschaft von der Politik, eine Ausbildungsoffensive zu starten, um die inländischen Arbeitskräftepotenziale zu heben. Zudem muss die Einwanderung für ausländische Fachkräfte erleichtert werden und die Frauenerwerbsquote gesteigert werden. „Die Vorschläge der Bundesregierung zur erleichterten Einwanderung und der Entwurf des Weiterbildungsgesetzes, das z.B. eine Ausbildungsgarantie vorsieht, geht in die richtige Richtung“, so Civelek.

Die Gewerkschaft zieht ebenfalls eine positive Bilanz zu den Tarifabschlüssen der letzten Monate. „Die Tarifabschlüsse der Gewerkschaften hat die Inflationsbelastung für die Beschäftigten abgefedert und die Konsumnachfrage stabilisiert“, so Civelek.

Nach Angabe der IG Metall vergrößert sich allerdings der Abstand von tarifgebundenen und nicht-tarifgebundenen Unternehmen. „Wer zukünftig Arbeitskräfte rekrutieren will, muss tiefer in die Tasche greifen und wer die besten haben will, muss nachziehen und nach Tarif bezahlen. Der Wunsch der Beschäftigten nach Tarifbindung hat deutlich zugenommen, viele Beschäftigte kommen verstärkt auf uns zu und wollen in ihrem Betrieb einen Tarifvertrag durchsetzen. Das ist gut so, für die Konjunktur und für die Menschen“, so Civelek.