Schambehafteter Darm: Einen Schlauch in genau dieses Organ eingeführt zu bekommen, ist vielen peinlich - aber es kann Leben retten. Foto: pixabay
Schambehafteter Darm: Einen Schlauch in genau dieses Organ eingeführt zu bekommen, ist vielen peinlich - aber es kann Leben retten. Foto: pixabay

Heidelberg. Obwohl die Darmspiegelung vor Darmkrebs schützen kann, wird zu selten vorgesorgt. Das Krebsforschungszentrum in der Helmholtz-Gemeinschaft räumt mit gängigen Vorurteilen auf.

Durch eine Darmspiegelung können bereits Vorstufen von Krebs erkannt und entfernt werden, so die Kernaussage des Deutsche Krebsforschungszentrums, das anlässlich des „Darmkrebsmonats“ März über die Vorsorgeuntersuchung informiert.

Besonders angesprochen sind Männer ab 50 Jahren, Frauen ab 55. Für sie ist die Darmspiegelung die wichtigste Methode zur Früherkennung von Darmkrebs: „Sie ist schnell, zuverlässig und in der Regel schmerzfrei“, so der Krebsinformationsdienst, der Unsicherheiten ausräumen will: „Das Endoskop, ein fingerdicker Schlauch, der vorne über eine kleine Kamera verfügt, wird vorsichtig durch den After in den Darm eingeführt. Der Arzt kann so das Innere des Darms und die Darmschleimhaut untersuchen. Wucherungen der Darmschleimhaut, sogenannte Polypen, können entfernt und verdächtige Stellen als Gewebeproben entnommen werden.“

Die Prozedur dauert zwischen 15 und 45 Minuten und kann unter Kurznarkose durchgeführt werden. Patienten bekommen dann von der Untersuchung kaum etwas mit. Alle zehn Jahre sollte die Vorsorgeuntersuchung wiederholt werden, sofern keine Beschwerden auftreten.

Eine der häufigsten Krebserkrankungen

Wie wesentlich die Vorsorge ist, belebt der Krebsinformationsdienst des Deutschen Krebsforschungszentrums durch Zahlen: In Deutschland stelle Darmkrebs bei Männern die dritthäufigste, bei Frauen sogar die zweithäufigste Krebserkrankung dar. Für knapp 24.000 Patienten pro Jahr verlaufe die Erkrankung tödlich.

Frühuntersuchungen sind wichtig, werden nach Ansicht des Deutschen Krebszentrums jedoch immer noch zu selten durchgeführt. „Der Darm und alles was damit zusammenhängt ist für die meisten Menschen eine schambehaftete Zone, über die ungern gesprochen wird. Von der Vorstellung, einen Schlauch ausgerechnet in dieses Organ eingeführt zu bekommen, ist mancher peinlich berührt.“

Auch Fehlinformationen und falsche Vorstellungen sorgen dafür, dass Frauen und Männer sich seltener untersuchen lassen als sie sollten. „Unser Ziel ist es, jeden in die Lage zu versetzen, eine informierte und auf fundierten Fakten basierende Entscheidung zu treffen“, so Dr. Susanne Weg-Remers, Leiterin des Krebsinformationsdienstes des Deutschen Krebsforschungszentrums.

Krebsinformationsdienst kennt die typischen Irrtümer

Wer beschwerdedrei ist, kann sich die Untersuchung doch sparen. Dieser Irrtum hält sich hartnäckig, stimmt so allerdings nicht. Die Vorstufen des Darmkrebses, die Polypen, verursachen keine oder kaum Beschwerden, informiert der Krebsinformationsdienst. Sie können sich aber im Verlauf der Jahre zu einem bösartigen Tumor weiter entwickeln. Werden sie dagegen während der Darmspiegelung entdeckt, entfernt Sie der Arzt, sodass ein Tumor gar nicht erst entstehen kann.

Viele Liter Abführmittel trinken? Auch das ist so nicht richtig. Um ein sicheres Untersuchungsergebnis zu erhalten, ist eine gute Darmreinigung Voraussetzung. Heutzutage sind dafür aber zwei Liter ausreichend. Der zugesetzte Orangen- oder Zitronengeschmack sorgt zudem für eine geschmackliche Verbesserung.

Eine Darmspiegelung sei viel zu riskant, meinen viele. Das Deutsche Krebszentrum hält dagegen: „Das Untersuchungsverfahren gilt als das zuverlässigste, um bösartige Tumoren und ihre Vorstufen zu entdecken. Die Darmspiegelung wird von gut ausgebildeten Experten für Magen-Darm-Erkrankungen, sogenannten Gastroenterologen, durchgeführt“. Zu Komplikationen, komme es nur bei 2 von 1.000 Darmspiegelungen, so die Experten. In erster Linie handele es sich dabei um Blutungen.

Nur für alte Menschen ist die Darmspiegelung, entgegen verbreiteter Irrtümer, auch nicht. „Das Risiko an Darmkrebs zu erkranken steigt ab einem Alter von 50 Jahren deutlich an“, informiert das Deutsche Krebszentrum. Darmkrebs könne sich aber auch schon in jüngeren Jahren entwickeln. Zum Beispiel, wenn Darmkrebs in der Familie aufgetreten ist. Dann steigt das Risiko für die anderen Familienmitglieder. Verwandte von Darmkrebspatienten sprechen am besten mit dem Arzt, in welchem Alter sie mit der Früherkennung beginnen sollen.

Übrigens: In Deutschland werden seit der Einführung der Darmspiegelung in das gesetzliche Krebsfrüherkennungsprogramm im Jahr 2002 Daten gesammelt und ausgewertet.

Demnach wurden durch die Darmspiegelung zur Früherkennung im Zeitraum von zehn Jahren etwa 180.000 Darmkrebs-Erkrankungen verhindert. Außerdem konnten im gleichen Zeitraum etwa 40.000 Darmkrebs-Erkrankungen früher entdeckt werden und die Betroffenen hatten damit eine bessere Heilungschance. Dass die Darmspiegelung als Maßnahme für die Früherkennung von Darmkrebs nicht bringe, auch das ist falsch.