Berlin. Die Zusatzbeiträge der Krankenkassen schmerzen in den Geldbörsen. Nach einer Auswertung des Magazins “Finanztip” liegen schon jetzt mehr als die Hälfte der Krankenkassen über dem Durchschnitt.
Statement von Hermann-Josef Tenhagen, Chefredakteur des Geldratgebers Finanztip, zur Prognose des Schätzerkreises in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) für 2026. Das gestern vom Bundeskabinett beschlossene Sparpaket wird nicht ausreichen, um den vom Schätzerkreis vorgeschlagenen durchschnittlichen Zusatzbeitrag in der GKV bei 2,9 Prozent zu halten.
Laut Finanztip würden schon jetzt viele Krankenkassen Zusatzbeiträge über dem Durchschnitt erheben. „Ein Zusatzbeitrag von 3,3 oder 3,5 Prozent schon heute ist keine Ausnahme mehr. Der Schätzerkreis blickt auf den rechnerischen Durchschnitt – aber für viele Versicherte ist die Realität längst teurer. Und 2026 gilt: In Wahrheit geht es den Krankenkassen schlechter, als der vorgeschlagene durchschnittliche Zusatzbeitrag vermuten lässt. Bei etlichen Kassen werden Beiträge steigen müssen.“
„Das Sparpaket der Bundesregierung ist eine Notlösung. Es soll die Kassen kurzfristig um rund zwei Milliarden Euro entlasten, indem die Meistbegünstigungsklausel gestrichen und so Krankenhausvergütungen begrenzt und Verwaltungsausgaben gedeckelt werden. Doch obwohl die Krankenkassen diese Schritte grundsätzlich begrüßen, ist klar: Das reicht nicht, um die Finanzen der GKV langfristig zu stabilisieren. Ohne echte Strukturreformen wird sich die Beitragsspirale weiterdrehen. Die angekündigte Kommission, die ab Frühjahr 2026 Vorschläge für eine nachhaltige Finanzierung vorlegen soll, muss jetzt endlich liefern – sonst stehen die Kassen schon bald wieder im Minus.“
„Höhere Beiträge zum Jahreswechsel sind wahrscheinlich. Viele Krankenkassen müssen ihre gesetzlich vorgeschriebenen Mindestreserven wieder auffüllen. Manche sind sogar in den roten Zahlen. Die Rücklagen haben viele Kassen aufgebraucht, um Kostensteigerungen bei Kliniken, Medikamenten und Verwaltung zu kompensieren. Da die Ausgaben im ersten Halbjahr 2025 um fast acht Prozent stärker gestiegen sind als erwartet, reichen die Reserven vieler Kassen derzeit nicht aus. Selbst wenn die aktuelle Finanzlage kurzfristig stabilisiert wird, werden daher einige Kassen erneut an der Beitragsschraube drehen müssen.“
Wie stark sich steigende Zusatzbeiträge auf den Geldbeutel auswirken, zeigt eine Finanztip-Musterrechnung: Bei einem Monatsgehalt von 5.000 Euro (Steuerklasse 1, keine Kinder) ergeben sich je nach Beitragssatz folgende Mehrbelastungen im Vergleich zum offiziellen Durchschnitt von 2,9 Prozent:
- 3,3 Prozent: rund 79 Euro netto mehr pro Jahr
- 3,5 Prozent: rund 119 Euro netto mehr pro Jahr
- 4,0 Prozent: rund 217 Euro netto mehr pro Jahr
- 4,4 Prozent: rund 296 Euro netto mehr pro Jahr
Zusätzlich steigt 2026 die Beitragsbemessungsgrenze von 5.512,50 auf 5.812,50 Euro brutto im Monat. Wer über dieser Grenze verdient, zahlt dadurch automatisch mehr – selbst bei gleichbleibendem Zusatzbeitrag. Bei einem Satz von 3,3 Prozent ergibt das für Gutverdiener rund 455 Euro brutto mehr pro Jahr, bei 3,5 Prozent etwa 524 Euro, bei 4 Prozent 699 Euro und bei 4,4 Prozent 838 Euro.