Pfarrer Herbert Ullmann hat einen Rüffel aus dem Erzbistum Köln erhalten. Grund ist ein Segnungsgottesdienst gleichgeschlechtlicher Paare. Foto: Volkmann
Pfarrer Herbert Ullmann hat einen Rüffel aus dem Erzbistum Köln erhalten. Grund ist ein Segnungsgottesdienst gleichgeschlechtlicher Paare. Foto: Volkmann

Mettmann. Wie die Arbeitsgruppe „Regenbogenkirche für alle“ im Sendungsraum
Mettmann/Wülfrath mitteilt, habe Kardinal Woelki den örtlichen Pfarrer Herbert Ullmann wegen einer Segnung gleichgeschlechtlicher Paar gemaßregelt. Unverständnis für die „Abmahnung“ kommt aus den örtlichen Gemeinden. 

Mit einem Diskussionsforum hatte sich die katholische Gemeinde in Mettmann im Frühjahr des vergangenen Jahres geöffnet, unter anderem um „die diskriminierende Haltung der
katholischen Kirche zu Frauen und nicht heterosexuellen Paaren“ zu diskutieren, wie die Arbeitsgruppe „Regenbogenkirche für alle“ rückblickend zufrieden feststellt. Angenommen hatte die Pfarrgemeinderäte der Gemeinden in Mettmann und Wülfrath unter anderem den Vorschlag eines Segnungsgottesdienst für alle sich liebenden Paare.

Nun gibt es Ärger für Mettmanns Pfarrer Herbert Ullmann. Anonym soll ihn jemand in Rom im Nachgang einer Segnung gleichgeschlechtlicher Paare am 26. März dieses Jahres angezeigt haben. Ullmann habe eine Stellungnahme abgeben müssen – und die Auflage erhalten, dass künftig in Mettmann und Wülfrath kein Segnungsgottesdienst für alle sich liebenden Paare mehr stattfinden darf.

Kritik an den Maßnahmen des Erzbistums Köln ließen nicht lange auf sich warten: „Wir teilen Ihnen ausdrücklich unser Unverständnis für die gegenüber Pfarrer Ullmann ausgesprochene Abmahnung und Auflagen mit“, ärgert man sich bei der Arbeitsgruppe „Regenbogenkirche für alle“. Die Kirche diskriminiere Menschen aufgrund der sexuellen Orientierung und der geschlechtlichen Identität, was menschenverachtend und würdelos sei. „Wir bedauern, dass Sie im Jahr 2023 weiterhin an diesen diskriminierenden Regelungen festhalten“.

Erneut im Mittelpunkt des Gewitters: Kardinal Wölki. An ihn richten sich die Engagierten der Mettmanner Arbeitsgruppe ganz konkret: „Wann schaffen Sie es, Herr Kardinal Wölki, Ihr Herz zu öffnen gegenüber allen sich liebenden Paaren? Wann erkennen Sie, dass Gleichberechtigung und sexuelle Vielfalt ein wesentliches Thema in unserer Kirche und unserem Glauben sein muss und kein Weg an einer geschlechteroffenen und diskriminierungsfreien Kirche vorbeiführt?“. Das Ziel der „Regenbogenkirche“: Niemand dürfe mehr ausgegrenzt oder diskriminiert werden. An entsprechenden Aktionen „für Diversität und sexuelle Vielfalt“ will die Arbeitsgemeinschaft festhalten.

Andrea Lauer, Gisela Lassahn, Petra Hermes-Wigge und Maximilian Bröhl rufen Kardinal Wölki dazu auf, den „den Austausch mit allen Interessierten zu diesem Thema zu suchen“.

Unterstützung kommt aus den Reihen der Mettmanner CDU. „Ich bin fassungslos, dass Monsignore Ullmann für einen Segnungsgottesdienst von Kardinal Wölki abgemahnt wurde und die Auflage erhalten hat, dies zukünftig nicht mehr in Mettmann und Wülfrath durchzuführen“, so die Stadtverbandsvorsitzende Gabriele Hruschka. Der CDU-Fraktionsvorsitzende Fabian Kippenberg ergänzt: „Die freie Entfaltung der Persönlichkeit ist eine starke Säule unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung, dass die katholische Kirche heute immer noch an Diskriminierungen aufgrund der sexuellen Orientierung und der geschlechtlichen Identität festhält, ist aus meiner Sicht nicht mehr zeitgemäß.“ Beide fordern die Rücknahme der „Abmahnung“ durch Kardinal Wölki.

Kritik aus den Gemeinden

Auch die Pfarrgemeinderäte St. Lambertus Mettmann und St. Maximin Wülfrath haben sich inzwischen zu dem Vorfall geäußert. Dort unterstütze man „ausdrücklich und uneingeschränkt das Engagement der Regenbogengruppe“ und auch die Feier des Segnungsgottesdienstes durch Pfarrer Ullmann.

„Auch wir sind sehr enttäuscht von der Reaktion aus Rom/Köln und können nicht nachvollziehen, warum statt innerer Erfahrung und Erleben die Moral in den Vordergrund gerückt wird“, hieß es seitens der Pfarrgemeinderäte. Die befreiende christliche Botschaft gerate durch die ablehnende Reaktion in den Hintergrund. „Wir wünschen uns sehr, dass unser Engagement vor Ort in unseren Gemeinden aus Köln unterstützt wird und nicht durch „Abmahnungen“ Frust entsteht“.

Kirchenrechtlich ist die Maßnahme aus Köln offenbar nicht zu beanstanden: Das zumindest erklärt der Kirchenrechtler Norbert Lüdecke auf Anfrage des katholischen Nachrichtenportals „katholisch.de“. Demnach habe ein Pfarrer vor der Übernahme seines Amtes „erneut zu bekennen, dass er sich mit allen verbindlichen Lehren der Kirche identifiziert“. Eingeschlossen sei darin die ausnahmslose sittliche Verurteilung nicht-heterosexueller Handlungen. Pfarrer würden schwören, „alle kirchlichen Vorschriften einzuhalten“, so der emeritierter Professor für Kirchenrecht. Auch Kardinal Wölki hat nach Ansicht des Rechtsexperten keine Wahl in derartigen Fällen: Er sei verpflichtet, auf die Einhaltung der kirchlichen Gesetze zu drängen.

Rechtlich wertet Norbert Lüdecke die von der Arbeitsgruppe Regenbogenkirche kommunizierte „Abmahnung“ als „Verwarnung“. Darin liege die Aufforderung, einen Rechtsverstoß nicht erneut zu begehen, was ansonsten mit einer Bestrafung geahndet werden könnte.

Kirchenrecht stößt in diesem Fall auf Lebenswirklichkeit. Die katholische Kirche findet keine einheitliche Linie im Umgang mit Themen der sexuellen Orientierung. Wie das Portal „katholisch.de“ zusammenfasst, habe man erst wenige Tage vor dem Segnungsgottesdienst in Mettmann bei der Vollversammlung des Synodalen Weges in Frankfurt für die Möglichkeit von Segensfeiern für homosexuelle Paare gestimmt – „mehrheitlich“, wie es hieß. Auch Bischof Georg Bätzing hat sich nach Ausführungen des kirchlichen Nachrichtenportals hinter das Anliegen gestellt. Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz habe lediglich noch auf die Notwendigkeit einer seelsorglichen Handreichung hingewiesen. Im Vatikan hingegen habe man strikter reagiert: Noch auf eine Anfrage aus dem Jahr 2021 hieß es katholischen Priestern sei nicht erlaubt, gleichgeschlechtliche Paare zu segnen, die um eine religiöse Anerkennung ihrer Vereinigung bitten.