Der neue Kindergarten der Stadt Wülfrath an der Schulstraße ist eröffnet. Foto: Kling

Wülfrath. Mit vier Jahren Verspätung ist an diesem Donnerstag im neuen städtischen Kindergarten an der Schulstraße in Wülfrath der Betrieb aufgenommen worden. Ein Tag der Erleichterung.


Bereits im Frühsommer 2020 hatte die Stadtverwaltung in einer Begehung die Räume des neuen Kindergartens vorgestellt. Groß waren die Begeisterung und das Staunen über die großzügigen, hellen Räume. Damals konnte wohl niemand ahnen, dass bis zum wirklichen Einzug der Kindertagesstätte „Stadtspatzen“ vier Jahren vergehen sollten, dass der Bau der Kita zu dem Politikum der Stadt werden würde.

„Ich komme gerade vom Gericht“, erzählte jetzt Dr. Stefan Holl bei einer neuen Begehung – einen Tag, bevor nun wirklich Kinder die Räume in Beschlag nehmen konnten. Vor Gericht verhandelt wird die juristische Auseinandersetzung zwischen der Stadt und dem Generalunternehmer, den die Stadt für den finanziellen Schaden verantwortlich machen will, der aus Sicht der Stadt durch unzählige Mängel entstanden ist. Aber auch diese juristische Auseinandersetzung könnte sich ziehen, wie alles bei diesem Projekt.

Zu Anfang nämlich musste das Gelände auf Kampfmittel untersucht werden, dann erfuhren die Menschen in der Stadt, was sogenannte Rüttelstopfbohrungen sind. Mit 300 Bohrungen dieser Art wurde der Boden verfestigt, auf dem der Kindergarten später entstehen sollte. Damals schon musste die ins Auge gefasste Fertigstellung von 2019 auf 2020 verschoben werden. Doch dabei sollte es nicht bleiben.

Ein Tag der Erleichterung: Dezernent Stefan Holl, Kita-Leiterin Jessica Jäger, Dezernentin Michaele Berster, Hochbauamtsleiter Georg Eickhoff und Dezernent Sebastian Schorn. Foto: Stadt Wülfrath

Bei der Begehung 2020 erzählte Kita-Leiterin Jessica Jäger, dass die „Stadtpatzen“, so der Namen des Kindergartens, schon dabei sei, Kartons zu packen, um den Umzug vorzubereiten. So weit sollte es allerdings nicht kommen. Die Kinder, die damals von der Wilhelmstraße oder der „Nebenstelle“ des Kindergartens in Räumen am Pütt zur Schulstraße umziehen sollten, besuchen heute längst eine Grundschule.

Denn bei der gutgelaunten Begehung von 2020 fehlte nur noch die Bauabnahme. Die Bestätigung für den beauftragten Generalunternehmer, dass alles in Ordnung sei. War es aber nicht.

Die Fachleute entdeckten Mängel: Grundleitungen endeten im Sand, die Wände zeigten Feuchtigkeitsschäden, Fenster waren nicht dicht, Wasser stand unter dem Estrich. „Mit jeder Schaufel entdeckten wir immer neue Mängel“, erzählt Hochbauamtsleiter Georg Eickhoff.

Der Unternehmer bekam Fristen gesetzt, die Mängel zu beseitigen, was aus Sicht der Stadt nicht geschah. Letztlich kam es zum Bruch. Im Rathaus wurde nicht mehr von der Beendigung eines Neubaus gesprochen, es ging jetzt um einen Sanierungsfall.

Sehr viele Gutachter mussten bestellt werden, um die Mängel zu dokumentieren. Das brauchte Zeit. „Wenn Sie heute einen Gutachter bestellen, dauert das ein halbes Jahr“, erklärt Eickhoff. Letztlich musste der untere Bereich der Kita entkernt werden, Fenster wurden ausgetauscht. Jahre strichen ins Land.

Deshalb ist die Erleichterung im Rathaus groß, dass es jetzt mit dem Umzug endlich geklappt hat. Die Kinder, die ab sofort durch die Räume wuseln werden, waren bei der ursprünglich geplanten Eröffnung gerade erst oder noch gar nicht geboren.

In zwei Flügeln sind fünf Gruppen untergebracht, im oberen Teil die blaue und die gelbe Gruppe, unten die rote, die lila und die grüne Gruppe. Platz ist für 106 Kinder, zusammen mit der Ellenbeek ist die Kita Stadtspatzen die größte der Stadt.

Aus ihren Fenstern sehen Kinder und Erzieherinnen (es gibt auch zwei Männer) vorerst noch auf Baustelle, denn der Außenbereich ist – wie schon 2020 – noch nicht fertig. Damit soll es im November so weit sein.

Mit den Eröffnungsterminen verschoben haben sich auch die Kosten, Termine nach hinten, Kosten nach oben. Die Stadt kalkuliert heute mit 7,15 Millionen Euro, die Schlussrechnung liegt noch nicht vor. Nach der ersten konkreten Kostenberechnung sollten es 5,5 Millionen sein, erklärt Hochbauamtsleiter Eickhoff. Ob und wie viel die Stadt von ihrem Schaden ersetzt bekommt, entscheidet sich vor Gericht. Und das kann dauern.