Vera Martin berät in Wülfrath Menschen, die in die Schuldenfalle geraten sind. Foto: Kling

Wülfrath. Wer in die Schuldenfalle geraten ist, sollte sich möglichst bald Hilfe suchen. Das rät Vera Martin von der Schuldnerberatung in Wülfrath. Allerdings kann es dann trotzdem etwas dauern. Grund: Zu viele Menschen nehmen die Beratung inzwischen in Anspruch.


Es laufen zu lassen, die Augen zu verschließen, Rechnungen oder Mahnungen wegzuwerfen, ist immer der schlechteste Weg, weiß die Juristin, die in Wülfrath Mitarbeiterin der Schuldner- und Insolvenzberatung ist.

2019 hat die Bergische Diakonie die Aufgabe übernommen, die früher in Wülfrath in den Händen des Roten Kreuzes lag. Die erste Anlaufstelle im Haus August von der Twer musste mit dem Aufkommen von Corona aufgegeben werden. Nach einem Übergang ist die Schuldnerberatung jetzt seit zwei Jahren im Gemeindehaus der evangelisch-reformierten Kirchengemeinde, Am Pütt 7, zu Hause.

„Zentral, aber nicht so präsent“, lobt Renate Zanjani, bei der Diakonie Leiterin der Unternehmenskommunikation, den Standort. Denn Scham ist ja häufig ein Grund, weshalb Menschen mit Schulden sich oftmals keine Hilfe suchen. Und so wollen sie auch nicht gesehen werden, wenn sie in eine Beratungsstelle gehen. Deshalb sei es gut, dass der Zugang am Pütt eben etwas abseits der Öffentlichkeit liege.

Die Schuldnerberatung der Diakonie besteht in Wülfrath aus einer halben Stelle, die von der Stadt und dem Land mitfinanziert wird. Es sagt zwar keine der Frauen, aber eigentlich ist das zu wenig, wie die Zahlen deutlich machen. Jetzt schon haben 51 Menschen in diesem Jahr sich Hilfe gesucht. Das Limit für das Jahr aber liegt bei 70, mehr ist nicht zu schaffen. Das Jahr ist aber gerade mal zu etwas mehr als die Hälfte rum.

Wie geraten Menschen in die Schuldenfalle? Manchmal ist es plötzliche Arbeitslosigkeit. Wenn die Einnahmen fehlen, um die Ausgabe decken zu können. Oder Frauen werden von Männern verlassen und finanziell hängengelassen. Oder die Menschen haben einfach den Überblick verloren über ihre Ausgaben, ihre Kredite.

Es sind meist nicht die großen Kredite, oftmals eher viele kleinere. Manchmal 40 oder 50. Die Verführung besteht in der Möglichkeit, jetzt erstmals nichts zu bezahlen für ein Angebot. Und dann später nur „kleine“ Raten. Die sich dann zu einem unüberwindlichen Berg auftürmen.

70 Prozent der Menschen, die sie berät, haben eine Arbeit, erzählt Vera Martin. Und die, die zu ihr kommen, sind ganz unterschiedlich drauf. Die einen sind „total panisch“, andere „ganz cool“, selbst wenn seit Monaten (!) bereits der Strom abgestellt ist. Oder das Konto wird bereits gepfändet.

Beim Konto kann die Beratung zusammen mit der Bank erstmal dafür sorgen, dass so etwas wie eine Schutzglocke eingerichtet wird. Mindestens 1.500 Euro sind für Gläubiger, die über Kontopfändung an ihr Geld kommen wollen, dann unantastbar. Je nach Sachlage, kann dieser Betrag auch höher ausfallen. „Bei einem Schuldner mit drei Kindern könnten wir den pfändungsfreien Betrag zum Beispiel auf 3.186,99 erhöhen“, erklärt Vera Martin. So etwas zählt zu den Sofortmaßnahmen, die der Schuldenberaterin zur Verfügung stehen.

Ansonsten verschafft sich Vera Martin zusammen mit ihren Klienten erst den Überblick, der den Menschen in der Schuldenfalle verlorengegangen ist. Verhandlungen mit Gläubigern werden geführt. Und wenn nichts mehr geht, könnte eine private Insolvenz der letzte Ausweg sein.

Aber immerhin ein Weg. Denn viele der Menschen, die die Beratung in Anspruch nehmen, „wissen nicht, dass man was tun kann“, erzählt Vera Martin. „Je früher, desto besser.“ Das klappt in der Regel allerdings nicht. „Die meisten kommen leider erst später“, bedauert die Schuldnerberaterin.

Und auch wenn es dauert, bis die Beratung beginnen kann. In dringenden Fällen könnten immer Sofortmaßnahmen ergriffen werden. Zum Beispiel wenn es kein Geld mehr von der Bank gibt oder der Strom schon abgestellt ist.

Die Schuldnerberatung der Bergischen Diakonie ist zu erreichen unter der Rufnummer 02058-925 639 oder per Mail unter vera.martin@bergische-diakonie.de.