Gewählt: Dirk Lukrafka (Velbert), Sandra Pietschmann (Mettmann), Rainer Ritsche (Wülfrath). Fotos: Mathias Kehren, Ira Kaltenegger, privat

Kommunalwahl im Kreis Mettmann: Am Sonntag sind die letzten Entscheidungen gefallen. Ein Kommentar zur Stichwahl von Hans-Joachim Kling.

Eigentlich hätte es die Stichwahl um die Bürgermeisterämter nicht gebraucht. Denn in allen Städten – Velbert und Ratingen, Mettmann und Wülfrath – haben die Kandidaten, die Kandidatin gewonnen, die auch beim ersten Wahlgang in Führung lagen.

Eigentlich. Aber beim näheren Hinsehen ist doch jede Menge passiert.

Velbert hat einen unfassbar spannenden Wahlabend hinter sich. Dabei schien doch alles klar. Bürgermeister Dirk Lukrafka (CDU) hatte fast 20 Prozent Vorsprung vor der Kandidatin der Grünen, Dr. Esther Kanschat. Doch dann kam alles anders.

Mal lag Kanschat vorne, mal Lukrafka. Meistens der Amtsinhaber, aber immer nur hauchdünn. Mit dem letzten Wahlbezirk hätte es noch kippen können, hätte die Sensation noch geschehen können. Aber sie blieb aus. Lukrafka rettete einen Vorspung von 220 Stimmen ins Ziel. Und das bei insgesamt 12.352 abgegebenen Stimmen.

Wie bitter muss das sein, so kurz vor dem Ziel doch noch zu scheitern? Und wie tonnenschwer müssen die Steine gewesen sein, die Dirk Lukrafka vom Herzen gefallen sind?

Am Ende bleibt: Velbert hat weiter einen CDU-Bürgermeister. Seit 1975 gab es mit Klaus Mühlhoff (84-89) nur einen SPD-Bürgermeister in der einstmals „roten“ Stadt. Alle anderen gehörten oder gehören der CDU an (Heinz Schemken, Bernd Tondorf, Hanns-Friedrich Hörr, Dirk Lukrafka) oder wurden von ihr mit unterstützt (Stefan Freitag). Eine „grüne“ Frau in dieser Liste wäre schon eine Umwälzung gewesen.

Ganz anders der Wahlabend in Wülfrath. Hier sollte es doch eigentlich spannend werden. Doch ersten Ergebnisse sahen Rainer Ritsche mal über, mal unter 70 Prozent. Und dabei blieb es auch bis zum Schluss. Ritsche lag am Ende mit mehr als 67 Prozent deutlich vor CDU-Kandidat Andreas Seidler mit 32,9 Prozent. Ein klares Votum der Wülfrather/-innen.

Das gilt vor allem für die absoluten Zahlen. Rainer Ritsche holte fast 1.200 Stimmen mehr als im ersten Wahlgang. In Wülfrath hat die Stichwahl alle Unklarheiten beseitigt. Und eine überdurchschnittliche Wahlbeteiligung von 42,5 Prozent (bei der Stichwahl) spricht nochmals eine deutliche Sprache.

Auch in Mettmann gibt es einen Wechsel im Bürgermeisteramt. Hier ist Amtsinhaber Thomas Dinkelmann klar abgewählt worden. Sandra Pietschmann, aufgestellt von CDU und SPD, holte in der Stichwahl über 700 Stimmen mehr als bei der Wahl vor zwei Wochen (7.437 zu 6.706). Auch hier hat die Wählerschaft deutlich entschieden.

Und so ist Bettina Warnecke aus Haan wenigstens nicht die einzige Frau in der Runde der Bürgermeister aus dem Kreis Mettmann: Sie bekommt Verstärkung aus Mettmann mit Sandra Pietschmann.

Dennoch bleibt die Kommunalpolitik weiterhin eine Männerdomäne. Da ist noch viel zu tun. Es müssen sich noch viel mehr Frauen trauen – oder erst mal interessieren.

In Ratingen setzte sich Amtsinhaber Klaus Pesch (CDU) mit 12.874 Stimmen (52,1 Prozent) gegen seinen Herausforderer Rainer Vogt von der Bürger-Union durch, der 11.833 Stimmen (47,9 Prozent) auf sich vereinigen konnte.

Wahlbeobachter werden monieren, dass fast die Hälfte der Wahlberechtigten in NRW nicht zur Wahl (vor zwei Wochen) gegangen ist. Bei der Stichwahl war die Zahl der Nichtwähler noch höher. Das liegt sicherlich zu einem großen Teil an Desinteresse. Schön in einem Land zu leben, in dem sich Menschen solches Desinteresse leisten können.

Mir persönlich ist Desinteresse jedenfalls viel lieber als Leute, die Politik verbrämen oder schuldig sprechen für alles Übel in der Welt. Wenn hier – wie vor zwei Wochen – fast 7,4 Millionen Menschen bei einer Kommunalwahl wählen gehen, dann ist das aus meiner Sicht eine gigantische Demonstration für die Demokratie in diesem Land.