Leerstände lassen sich längst nicht mehr übersehen. Und es werden immer mehr. Foto: Kling

Wülfrath. Zuerst wird versucht, sie zu übersehen. Dann sollen sie kaschiert werden, mit anderen Nutzungen, wie zum Beispiel mit Parteibüros. Lange wird das Problem kleingeredet, dass es in anderen Städten noch viel schlimmer ist. Aber irgendwann sind sie nicht mehr zu übersehen: die Leerstände. Sie vermehren sich wie eine Plage. Doch keiner weiß so recht, wie der Plage beizukommen ist.


Mit Wohnungen vielleicht? Einen entsprechenden Beschluss hat vor den Sommerferien der Rat der Stadt Wülfrath auf Antrag der CDU gefasst. Vielleicht war die CDU selbst überrascht, dafür eine Mehrheit zu bekommen. Und vielleicht sind die Grünen heute noch überrascht, dass sie diese Mehrheit besorgt haben. Rechtskraft hat dieser Beschluss so jedenfalls nicht. Noch nicht?

Das ist die Frage, die nicht nur die Politik umtreibt. Sind Wohnungen vielleicht besser als Leerstände? „Bevor die Läden leer stehen“, antwortet Mona Hartmann, Inhaberin der Gaststätte Altes Rathaus auf die Frage, was sie von der Idee halte.

„Selbst Leute, die sich ausprobieren wollen, sind ja schnell wieder weg“, sagt sie zu den Versuchen, neue Geschäfte in der Innenstadt anzusiedeln. Menschen, die dann in die Wohnungen einzögen, sollten sich aber bewusst sein, dass sie in der Nähe von Gastronomie wohnen werden und deshalb gleich „die richtige Einstellung mitbringen“.

Genau das aber hält Wirtschaftsförderer Karsten Niemann für ein Problem. Dass neue Anwohner sich beschweren könnten, weil es zu laut sei. Vor allem aber hat er „große Sorge“, dass die Entwicklung nie wieder rückgängig zu machen wäre. Wo einmal Wohnungen geschaffen worden sind, dürfte nie wieder Handel entstehen. „Ich kann mir einen Rückbau beim besten Willen nicht vorstellen“, sagt Niemann.

Skeptisch ist auch Alexander Rüger von der Buchhandlung Rüger. Er fände eine Wohnungsnutzung „sehr unglücklich“ für die Entwicklung der Innenstadt. Und hofft weiterhin auf neue Einzelhändler, „die Leute in die Stadt bringen“.

Marc Rexhausen von Herrenmoden Rexhausen hofft, dass die Aktivitäten von Citymanagement und Stadtmarketing möglichst bald Erfolge zeigen, dass zum Beispiel bald eine Nachfolge für Kodi gefunden werde. Eine weitere gute Gastronomie kann er sich zur Belebung der Innenstadt vorstellen, der viel befahrene Panorama-Radweg müsse endlich mit der City verknüpft werden, damit Radler in die Stadt kommen. Von Wohnungen in Leerstände hält er allerdings nichts. Die brächten kein Leben in die Stadt. Und dazu sei eine Innenstadt doch da.

Wie immer die Diskussion nach der Sommerpause weitergeht: Es gibt seit Ende 2024 rechtsgültigen Bebauungsplan für die Wülfrather Fußgängerzone. Der erlaubt unter anderem, dass auch im vorderen Bereich der Fußgängerzone Dienstleister in leerstehende Ladenlokale einziehen können. Das allerdings nur in Ausnahmefällen.

„Wir sind also handlungsfähig“, macht Planungsamtsleiterin Lisa Schulte deutlich. Vor den Ferien sollte im Rat der Stadt nur ein grafischer Fehler in dem rechtsgültigen Plan „geheilt“ werden, wie die Amtsleiterin erklärt. Stattdessen bekam ein Antrag der CDU eine Mehrheit, nachdem auch die Wohnnutzung auf allen Ebenen, auch im Erdgeschoss, in der Fußgängerzone zugelassen werden soll. Das hat aber so keine Rechtkraft, erklärt Lisa Schulte.

Erst müsste der Bebauungsplan dafür erneut überarbeitet und offengelegt werden. Bevor die Verwaltung aber dieses Verfahren einleitet, soll das Thema erneut in die politischen Gremien eingebracht werden. Dann wird sich zeigen, ob eine Wohnnutzung auch in den Erdgeschossen der Fußgängerzone der politische Wille einer Mehrheit ist.