Wülfrath. Am Sonntag geht in Wülfrath die Vesperkirche zu Ende. Bis dahin erwarten die Helferinnen und Helfer nochmal einen großen Ansturm.

„Wir sind überwältigt von der Zahl der Besucher“, sagt Manfred Hoffmann von der evanglisch-reformierten Kirchengemeinde Wülfrath. „Noch viel besser als erhofft“, urteilt Superintendent Jürgen Buchholz über den Zuspruch zur ersten Vesperkirche Niederberg, erst zwei Wochen in Velbert, jetzt zwei Wochen in Wülfrath.

An diesem Freitag, dem 13. Tag der Vesperkirche in Wülfrath, ziehen die Verantwortlichen Bilanz – mit leuchtenden Augen, voller Begeisterung.

Die Vesperkirche Niederberg war die erste Vesperkirche im Rheinland. Im Süddeutschen gibt es diese Einrichtung schon länger. „In Stuttgart mehr als 25 Jahre“, weiß Buchholz. In Nordhrein-Westfalen ist das noch etwas Neues: Gütersloh in Westfalen machte im vergangenen Jahr den Anfang. Im Rheinland ist der Kirchenkreis Niederberg der Vorreiter.

Im Vorfeld hatten sich die Organisatoren zum Ziel gesetzt: Die Vesperkirche soll eine Plattform für alle sein. „Das ist voll aufgegangen“, freut sich Elisabeth Selter-Chow von der Bergischen Diakonie, die jeden Tag die Abläufe koordiniert.

Und mit jeden Tag habe sich das mehr und mehr rumgesprochen, berichtet Superintendent Buchholz. In der zweiten Woche in Wüllfrath sei die Vesperkirche noch bunter geworden: „Da kamen halbe Schulklassen, um mal einen Blick rein zu werfen, viel mehr jüngere Leute und so mancher, der sonst nicht so viel mit Kirche zu tun hat.“

An den Tischen saßen Kindergartenkinder und Gruppen aus dem Altenheim nebeneinander. Aber es kamen auch Menschen, die auf der Straße leben und sich über das Essen freuten.

Und immer wieder, so berichten es die Veranstalter, kamen Menschen, um sich zu bedanken für solch eine tolle Sache.

In der Spitze wurden 290 Essen ausgegeben an einem Mittag, serviert am Tisch, kein Anstehen wie in einer Kantine.

Überwältigt ist das Team von Kirchenkreis aber auch von der großen Zahl der Helferinnen und Helfer. Ein richtiges Netzwerk sei entstanden. Der Bürgerverein ist stark vertreten, die evangelische Freikirche wohl jeden Tag. Manche Helfer, Männer wie Frauen, sind gleich an mehreren Mittagen da, um Vorspeise, Hauptgang und Nachtisch zu den Menschen zu bringen. Kirche als Ort der Gastlichkeit, so war es geplant.

Der Kirchenkreis schätzt, dass es allein in Wülfrath rund 400 Helferinnen und Helfer waren und sind, die sich zur Verfügung stellten. Mehrfach-Helfer sind dabei auch mehrfach gezählt.

Die Renovierung der Stadtkirche im vergangenen Jahr hat das Projekt in Wülfrath erst möglich gemacht. „In der alten Kirche hätten wir das nicht machen können“, sagt Pfarrer Ingolf Kriegsmann. Und ganz viele Besucher nutzten die Gelegenheit, sich die erneuerte Kirche überhaupt erst einmal anzusehen.

Die Resonanz ist noch viel besser als erhofft: Pfarrer Ingolf Kriegsmann, Organisatorin Elisabeth Selter-Chow, Frank Wessel vom Kirchenkreis, Manfred Hoffmann, Koch Kai Uwe Stachelhaus vom Landhaus Stolberg in Velbert, Pfarrer Thomas Rehrmann, Superintendent Jürgen Buchholz. Foto: Hans-Joachim Kling

Großartig sei auch die Spendenbereitschaft gewesen, im Vorfeld durch Einzelspender und Unternehmen, aber auch bei der täglichen Sammlung im Spendenschwein. Jürgen Buchholz schätzt, dass so in den vier Wochen (Velbert und Wülfrath) rund 65.000 Euro an Spenden zusammenkommen. Das dürfte etwa zwei Drittel der Kosten decken. Das restliche Drittel wird aus Sondermitteln der Diakonie finanziert. „Hier ist kein Cent Kirchensteuer verwendet worden“, betont der Superintendent, das sei manchem wichtig gewesen.

Eine Zukunftswerkstatt hat es auch gegeben mit der Frage, was die Menschen von der Kirche erwarten. Die Auswertung steht noch aus, aber Manfred Hoffmann und Ingolf Kriegsmann sehen sich in der Zielsetzung bestätigt: andere Formen des Gottesdienstes können erprobt werden, liturgische Nächte, politische Nachtgebete, all so etwas sei denkbar.

Kirche soll vielfältiger und lebendiger werden – das war auch ein Ziel der Vesperkirche. Und das hat sie erreicht, strahlt Superintendent Buchholz: „Die Kirchentür ist zur Drehtüre geworden.“

Angesichts des Erfolgs überlegt der Kirchenkreis, auch im nächsten Jahr eine Vesperkirche anzubieten. Sollte das zustande kommen, so würde die Vesperkirche aber sicherlich an anderen Stellen als der Christuskirche in Velbert und der Stadtkirche in Wülfrath stattfinden. Schließlich gehören zehn Gemeinden dem Kirchenkreis Niederberg an.