Wülfrath Kulturmanager Lars Mader bei einem Vortrag. Foto: Kling

Wülfrath. Trotz aller Streichungen: Ehrenamtliche halten die Kultur in der Stadt am Leben. / Ein Essay.


Die Kultur ist in Wülfrath – sagen wir es vorsichtig – nicht das Lieblingskind im Rathaus. Jedenfalls wenn es um Geld geht. Dass die kleinste Stadt im Kreis Mettmann sparen, sparen, sparen muss, ist längst Teil ihrer DNA. Und gespart wurde immer gerne: bei der Kultur.

Anfangs war es die sogenannte Angebotskultur, die gestrichen wurde. Wer Theater sehen wollte, sollte doch in eine der vielen Nachbarstädte fahren. Früher gab es mal, für die jüngeren Leserinnen und Leser, Schauspiel in der Wülfrather Stadthalle. Ja, früher gab es auch mal eine Stadthalle. Die kann man gleich mit auf die Kultur-Streichliste stellen.

Dann kam – wie es Neudeutsch so grausig heißt – das Outsourcing. Ungeliebte Kinder wurden aus dem städtischen Haushalt vertrieben: Beispielweise das Museum an der Bergstraße, inzwischen auch der Zeittunnel. Ehrenamtler sollten und sollen es richten. Motto: Friss oder stirb! Das – äußerst sehenswerte – Niederbergische Museum gibt es nur noch, weil Ehrenamtliche es am Leben halten. Beim Zeittunnel sieht es nicht anders aus.

Inzwischen hat Wülfrath einen Kulturmanager, der „Wiederaufbau“ betreiben soll. Genau so nannte es eben jener Manager, Lars Mader, jüngst bei einem Vortrag, den er im WIR-Haus bei der Bürgerstiftung hielt. Denn Wülfrath hat – man höre und staune – wieder einen Kulturentwicklungsplan. Der alte stammt von 1993, erzählte Mader. Bis zu einem neuen hat also nur etwa 30 Jahre gebraucht …

Und siehe da: Das Streich-Konzert unter dem Motto „Das Ehrenamt muss es richten“ funktioniert. Wülfrath hat sich längst zu einer Kulturstadt entwickelt. „Das gibt es in dieser Form nirgendwo“, sagte Mader bei der Bürgerstiftung.

Die Stadt gibt überall Zuschüsse, finanzielle Unterstützung, das soll nicht unterschlagen werden an dieser Stelle. Aber selbst hat sie sich – vielleicht mit Ausnahme der Bücherei – aus allem zurückgezogen.

Die Bürgerstiftung selbst ist ja das jüngste Beispiel für die ehrenamtliche Kulturarbeit, die in Wülfrath geleistet wird. Ebenso das WIR-Haus des Vereins Wülfrather Ideen Räume, das auch nur von Freiwilligen getragen wird.

Viel älter sind andere Aushängeschilder, beispielsweise die Wülfrather Rockmusiker Gemeinschaft, die ungefähr so alt ist wie der alte Kulturentwicklungsplan. Nicht zu vergessen Bernd Kicinski, der mit seinem Team in der „Kathedrale“ Kulturschaffenden eine Bühne bietet, die die Stadt selbst längst nicht mehr hat.

Und es kommen immer neue hinzu, neben WIR und Bürgerstiftung hat sich auch die AWO inzwischen der Kultur verschrieben, lädt regelmäßig zum Kulturbistro ein.

Und wenn die Stadt die Zuschüsse für Kultur in der Fußgängerzone, die „Walking Acts“, streicht, dann geht der Stadtkulturbund her und stellt es selbst auf die Beine. Dabei geht es hier auch um Wirtschaftsförderung, die erwünschte Belebung der Stadt.

Das „Theater Minestrone“ hat im vergangenen Jahr den NRW-Theaterpreis für Amateurtheater gewonnen. Ehrenamtler aus Wülfrath machen es möglich.

Aktuell präsentieren sich Kunstschaffende mit ihren Werken in den Schaufenstern der leerstehenden Geschäfte in der Fußgängerzone, mit teils sehr beachtlichen Werken.
Und nicht zu vergessen: Der Herzog-Wilhelm-Markt bietet auf seiner Bühne das größte kulturelle Feuerwerk des Jahres. Auch der Förderverein HWM ist Teil dieser Kulturszene, die einen unschätzbaren Vorteil hat: Sie ist fantastisch vernetzt.

Die Kalkstädter helfen bei der WüRG, die Musikfreunde, der Sängerkreis, die Young Voices (und viele andere mehr) sind immer da, wenn sie gerufen werden.

Das macht die Kulturstadt Wülfrath aus. Macht sie so lebenswert. Wenn es jetzt einen Kulturmanager gibt, der die Ehrenamtler dabei unterstützt, die Vernetzung stärkt, die Angebote mehr aufeinander abstimmt – umso besser. Kultur ist das höchste Gut, das Wülfrath hat. Trotz oder gerade wegen der Vernachlässigung.