Kreis Mettmann. Einen Sommer lang Corona vergessen – das wünschen sich nach zwei Jahren der Pandemie viele Menschen. Bislang waren die warmen Monate bezogen auf die Coronavirus-Lage auch jene mit den niedrigsten Infektionsraten. Die neue Omikron-Subvariante BA.5 könnte dafür sorgen, dass Corona auch in diesem Sommer ein Thema bleibt.
Dass im Herbst wieder mit steigenden Infektionszahlen zu rechnen sein könnte, darauf haben Experten und Politiker die Menschen längst hingewiesen. Der möglichen Herbstwelle will man mit vorbereitenden Maßnahmen begegnen, um gewappnet zu sein für den Fall, dass es wieder losgeht.
Der Sommer hätte die Entschädigung für monatelange Einschränkungen und Entbehrungen sein sollen, aber ausgerechnet jetzt melden das Robert-Koch-Institut in seinem aktuellen Wochenbericht: „Die Zahl der übermittelten Infektionen ist in der letzten Woche um etwa 50.000 Fälle im Vergleich zur Vorwoche gestiegen“. Die bundesweite Sieben-Tage-Inzidenz sei in der 22. Kalenderwoche im Vergleich zur Vorwoche erstmals seit der Kalenderwoche 12 wieder angestiegen, so die Behörde.
Die 7-Tage-Inzidenz sank in der 22. Kalenderwoche im Vergleich zur Vorwoche nur noch geringfügig in den Altersgruppen der Fünf- bis 14-Jährigen. In allen anderen Altersgruppen sei die 7-Tage-Inzidenz wieder angestiegen, informiert das RKI. Am deutlichsten bei 50- bis 59-Jährigen (37 Prozent.) und 15- bis 35-Jährigen (40 Prozent). Mit einem Blick nach Portugal und unter Berücksichtigung regionaler Umstände – in Spanien fiel die Entwicklung nicht so dramatisch aus – mahnen Experten zur Vorsicht. Impfverläufe, Immunität sowie Schutzverhalten spielen eine Rolle, verdeutlicht der Epidemiologe Hajo Zeeb. Ob es eine Corona-Sommerwelle gibt, hängt also auch mit dem Verhalten der Menschen zusammen.
Die Zahlenlage gibt Hinweise: Das Robert-Koch-Institut weist einen R-Wert von derzeit 1,22 aus – ein Infizierter steckt damit statistisch etwas mehr als einen weiteren Menschen an. Zuvor lag der Prognosewert lange Zeit bei deutlich unter 1. Die NRW-Daten stützen das. Die 7-Tage-Inzidenz sank bis zum 30. Mai auf 236,8 – und verzeichnet seitdem einen Anstieg. Der aktuelle Wert liegt bei 410,8.
Omikron-Subvarianten werden dominieren
Das aktuell stärkste Wachstum zeige der Anteil der Sublinien BA.4 und BA.5, so das Robert-Koch-Institut. „Dies lässt darauf schließen, dass diese Omikron-Sublinien in wenigen Wochen die Mehrzahl der Nachweise ausmachen dürften“. Und: „Aller Voraussicht nach werden sich diese beiden Sublinien stärker verbreiten, so dass es auch insgesamt zu einem Anstieg der Infektionszahlen und einem erneut verstärkten Infektionsdruck auf vulnerable Personengruppen schon im Sommer kommen kann“.
Die Risikobewertung belässt das RKI unverändert bei „hoch“. Nicht zuletzt die Impfungen sind dafür ein Grund: „Auch bei Dominanz der Omikron-Variante kann für vollständig geimpfte Personen aller Altersgruppen – insbesondere für Personen mit Auffrischimpfung – weiterhin von einem sehr guten Impfschutz gegenüber einer schweren COVID-19-Erkrankung ausgegangen werden“, so die Behörde. Gleichzeitig mahnt das RKI jedoch: „Weiterhin zeigt sich für ungeimpfte Personen aller Altersgruppen ein deutlich höheres Risiko für eine schwere Verlaufsform der COVID-19-Erkrankung.“
Die Rate der akuten Atemwegserkrankungen (ARE-Rate) ist nach Angaben des RKI in KW 22/2022 im Vergleich zur Vorwoche insgesamt leicht, um zirka ein Prozent, gestiegen. Insgesamt gehen die Zahlen der neu hospitalisierten Patientinnen und Patienten mit schweren akuten respiratorischen Infektionen zurück – und zwar seit der 14. Kalenderwoche.
Die Impfung habe aber – trotz seit Wochen stagnierender Zahlen – nicht an Bedeutung verloren, das stellt nicht nur das RKI klar. Im Herbst und Winter werde es wohl eine lange Infektionswelle geben, äußerte sich der Leiter der Charité-Virologie, Christian Drosten. Er macht immerhin auch Mut für den erhofften entspannten Sommer: „Wir erleben dieses Jahr keinen infektionsfreien Sommer, was aber zunächst nicht bedrohlich ist“.
Für den Kreis Mettmann liegt es ähnlich wie auf Bundes- und Landesebene: Die Inzidenz macht derzeit eine Kehrtwende und liegt, nach einem zwischenzeitlich Abfall auf 259,7 am 27. Mai, wieder bei 438,6.
Der Blick geht vielfach schon jetzt gen Herbst. Moderna hatte jüngst erste Daten zur Wirksamkeit eines angepassten Corona-Impfstoffes vorgestellt. Das entspricht der Erwartungshaltung des Bundesgesundheitsministers – Karl Lauterbach nannte im Deutschlandfunk „frühestens September“ als möglichen Zeitpunkt für an die Omikron-Variante angepasste Impfstoffe.
Virologen raten dazu, sich mindestens über eine mögliche Impfung zu informieren. Drosten erwartet für die kühleren Monate „eine lang anhaltende Infektionswelle“, sofern nicht frühzeitig interveniert wird. gegenüber der Deutschen Presseagentur nennt er Gründe: Die die größten Teile der Bevölkerung verlören bis zum Herbst den Übertragungsschutz; bei den nun zirkulierenden Varianten sei die Übertragbarkeit erhöht; und die Politik werde wegen des erreichten Impferfolgs zunächst weniger Kontrollen anwenden.
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