Ifrar (16) aus Velbert steht vor dem legendären Hogwarts-Express. Der Velberter ist ein großer Harry-Potter-Fan. Foto: privat
Ifrar (16) aus Velbert steht vor dem legendären Hogwarts-Express. Der Velberter ist ein großer Harry-Potter-Fan. Foto: privat

Velbert/Wülfrath. Bei dem Wülfrather Verein „Wunschzettel“ ist der Name Programm: Die Engagierten erfüllen Herzenswünsche von Kindern und Jugendlichen mit Behinderung oder schwerer Erkrankung. Jüngst hatte der Verein einen 16-Jährigen aus Velbert nach Hogwarts gebracht. 


Der Verein „Wunschzettel“ aus der Kalkstadt hat in den vielen Jahren seines Bestehens auch viele Wünsche erfüllt: Ein Treffen mit Dirk Nowitzki, ein Tag auf Schalke, die Figuren aus Star Wars kennenlernen oder einen Erlebnistag im Freizeitpark verbringen. Auf die Liste können sich die Engagierten nun auch den erfolgreichen Ausflug nach London schreiben, den Familie Görg dank des Vereins unternommen hatte.

Es war der große Wunsch des 16 Jahren alten Velberters Ifrar, nach London und dort zum Harry Potter-Filmset zu fahren. Zwei Tage verbrachten er, seine Mutter, seine neunjährige Schwester und sein einjähriger Bruder dort. Am 9. Oktober ging es nach Köln und von dort mit dem Flieger – mit drei Stunden Verspätung – in die Stadt an der Themse. Dort peilte die Familie ihr Hotel, dann ging es zunächst zum Abendessen einige Straßen weiter. „Die Stadt ist schön und unglaublich voll“, so Marta Görg. Das Highlight des Ausflugs ließ nicht lange auf sich warten: Am nächsten Tag fand die Harry Potter-Tour statt. Nach der Fahrt zur Victoria Station und einem kleinen Spaziergang entlang des Westminster-Palastes und des Big-Ben, vorbei an der Themse-Brücke und am London Eye, ging es mit dem Doppeldecker-Bus auf Tour – und auch Tuchfühlung mit dem berühmten Zauberer. Die Orte, Requisiten, Kostüme – es sei „unglaublich“ gewesen, all das zu sehen. „Da sah ich die Begeisterung bei meinem Sohn, auch er war beeindruckt“, freut sich Marta Görg. Und sie merkt an: Es sei sehr schwierig, einen 16-Jährigen zu beeindrucken. Um 22 Uhr war die Familie zurück im Hotel; am nächsten Tag ging der Flieger zurück in die Heimat. Ein wenig Wehmut schwingt mit: „Schade, dass ich nicht noch einen Tag dazu gebucht habe. Der wäre dann perfekt, um andere Sehenswürdigkeiten Londons zu besichtigen“, so Mutter Görg. „Ich hoffe sehr, dass wir nächstes Jahr als ganze Familie nochmal hin können. Ein Flug mit Hotel kann man tatsächlich ziemlich günstig finden.“

Hinter der Wunscherfüllung verbirgt sich ein Familienschicksal: Im Alter von acht Jahren fingen bei dem ältesten Sohn die gesundheitlichen Beschwerden an. Ärzte hätten stets passende Erklärungen gehabt, aber erst nach einem Besuch beim Kardiologen, der nach einer Blutdruckuntersuchung an die Uniklinik überwies, kam man dem Krankheitsbild auf die Spur.  Am dritten Tag im Düsseldorfer Universitätsklinikum sei eine Nachricht gekommen, die „keine Eltern der Welt hören sollen“, berichtet Marta Görg. Eine Raumforderung an der Niere wurde entdeckt. „Seitdem ist unser Leben nicht mehr so wie es mal war“. Angst und Sorgen gab es im Alltag, hinzu seien Kämpfe und Auseinandersetzungen mit Ärzten gekommen.

Letztlich handelte es sich bei dem Tumor des damals inzwischen fast Zehnjährigen um ein sogenanntes Paragangliom. „Ein seltener Tumor, der in 75 Prozent der Fälle gutartig ist“, erklärt Marta Görg. Eine humangenetische Untersuchung habe einen Gendefekt ergeben, das daraus resultierende Krankheitsbild sei ein hereditäres Paragangliom-Phäochromozytom-Syndrom. Die Träger dieser Mutation haben viel größeres Risiko an einem dieser Tumore zu erkranken. Auch bei Marta Görg und ihrem Sechsjährigen sei die Mutation nachgewiesen worden. Beide werden engmaschig untersucht. „Ich erkrankte 2018 und am 24. Oktober 2018 wurde ein Tumor, der ins Herzbeutel eingewachsen war, entfernt“, berichtet die Mutter. Ihr heute 16 Jahre alter Sohn sei 2019 und zweimal im Jahr 2020 wegen Lungenmetastasen operiert worden. Seit zwei Jahren lebt er mit Metastasen in Lunge, Knochen und Leber. Eine Therapie werde nicht gemacht, man habe Ärger mit den Ärzten. Und dennoch: „Heute geht es meinem Sohn gut, er kann die Schule besuchen, Sport machen, sich mit Freunden treffen“, freut sich Marta Görg. Das könne sich jederzeit ändern. „Wir versuchen Erinnerungen für die Ewigkeit zu schaffen“, so die Mutter. Deshalb freue sich die insgesamt siebenköpfige Familie vor allem über solche Möglichkeiten, wie der Wülfrather Wunschzettel-Verein sie bietet.

„Ich habe damit nicht gerechnet, dass es klappt und war einfach nur glücklich als wir die Zusage bekamen“, so die Velberterin. Sie verrät, dass ihr Sohn noch einen Wunsch hat: Einmal das Disneyland besuchen. Der größte Wunsch sei aber, einen guten Arzt zu finden.