
Velbert. Am 14. September finden dieses Jahr die Kommunalwahlen statt. In Velbert hat sich eine überraschende Änderung ergeben: Volt ist entgegen der Planungen nicht dabei. Dafür gibt es Gründe.
Für den Velberter Ortsverein der paneuropäischen Partei “Volt” hat es ein böses Erwachen gegeben: Entgegen der ursprünglichen Planungen tritt man bei der Kommunalwahl in Velbert nicht an. Dahinter steht ein innerparteilicher Zwist, der in seiner Konsequenz ein Parteiausschlussverfahren gegen zwei Fraktionsmitglieder und auch eine Strafanzeige nach sich zieht.
Zunächst durchaus überraschend signalisierte Carsten Haider, stellvertretender Fraktionsvorsitzender von Volt in Velbert, seine Kandidatur für das Bürgermeisteramt. Am Dienstag, 8 Juli, kam dann die überraschende Wendung: Haider wird nicht antreten – trotz “durchweg gute Resonanz” aus der Bürgerschaft, wie Carsten Haider in einem Statement erklärte. Sein Vorwurf: der Landesvorstand habe Kandidaturen unliebsamer Kandidaten bewusst verhindern wollen. Haider erklärt, ihm falle es schwer, nicht an den Start zu gehen. “Die Situation wirft ein Schlaglicht auf die internen Konflikte innerhalb der Volt-Partei und die Herausforderungen, mit denen lokale Gruppen konfrontiert sind. Es liegt nun in den Händen der Justiz zu entscheiden, ob Volt Velbert seinen erfolgreichen Start weiter fortsetzten kann”, so Haider abschließend in seiner Erklärung.
Die Angelegenheit ist offenbar allerdings deutlich komplexer – und auch brisanter. Im Gespräch mit der Super Tipp-Redaktion gab Markus Blümke, Landesvorstand von Volt NRW, an, es habe Berichte über Konflikte in der Velberter Volt-Fraktion gegeben – und auch Beschwerden aus der Mitgliederschaft. Konkret gibt Blümke an, es sei Druck durch Fraktionsmitglieder ausgeübt worden. Es habe zudem den Verdacht gegeben, es sei gegen interne Regeln und auch gegen Prinzipien der Wahldurchführung verstoßen worden. Zudem erklärte Blümke, man habe bei der Polizei eine Strafanzeige gestellt, weil der Vorwurf der Urkundenfälschung im Raum stehe. Konkret könnten Unterschriften auf Zustimmungserklärungen zur Aufnahme in den Wahlvorschlag gefälscht worden sein. “Mitglieder kamen auf uns zu und haben erklärt, sie hätten gar keine Zustimmung gegeben”, so Blümke. Entsprechende Erklärungen samt Unterschrift hätten aber faktisch vorgelegen. Mit dem Kuriosum beschäftigen sich nun die Polizei und die Staatsanwaltschaft. “Das liegt jetzt in deren Händen”, so Blümke.
Kein Volt-Wahlangebot in Velbert
Die Folgen für die Wahl in Velbert: Volt taucht nicht auf. “Unsere Entscheidung ist gültig”, stellt Markus Blümke klar. Der politische Betrieb ist aber nicht beeinträchtigt. “In fünf Jahren ist wieder Kommunalwahl”, so Blümke. Darauf arbeite man in Velbert nun hin. Der Landesvorstand zeigt sich zwar zerknirscht angesichts der Geschehnisse, sieht aber die richtigen Konsequenzen gezogen: “Wir machen lieber gar kein Wahlangebot als eines, das derart belastet ist. Wir wollen durch Qualität überzeugen”, so Blümke.
Ein zentrales juristisches Problem kreiste um die sogenannten Vertrauenspersonen, die “weitreichende Befugnisse haben”, wie Markus Blümke erläutert. Die Vertrauenspersonen sind wichtig, können mit dem Wahlleiter und dem Wahlausschuss verhandeln und als einzige Personen einen Wahlvorschlag zurückzunehmen. In Velbert verstarb eine der Vertrauenspersonen, eine blieb im Amt. Unklar war nun, ob das gemäß Wahlverordnung ausreichen würde. Rechtssichere Einschätzungen konnten weder die Stadt Velbert noch die Kreisverwaltung nennen, die Anfrage ging laut Blümke bis zum Innenministerium des Landes Nordrhein-Westfalen. Zwischenzeitlich wurde auch das Volt-Schiedsgericht eingeschaltet. Dort befasste man sich mit der Frage, ob die auf der Aufstellungsversammlung – jenes Gremien also, in dem die Kandidaten beschlossen werden – getroffenen Entscheidungen Bestand haben. Das Schiedsgericht entschied letztlich, man könne nicht die gesamte Versammlung annullieren. “Das war allerdings haarscharf”, so Volt NRW-Landesvorstand Markus Blümke. Kurzum: Es hätte auch anders ausgehen können.
Dass es rumorte bei Volt, zeichnete sich offenbar bereits seit einiger Zeit ab: Thorsten Hilgers hatte sein Mandat bereits zurückgezogen, war nicht mehr Teil der Velberter Volt-Fraktion. Auf Nachfrage der Redaktion bestätigt Hilgers: “Ja, es ist korrekt, dass ich aus der Velberter Volt-Fraktion ausgetreten bin. Über den Auftritt habe es den Fraktionsvorsitzenden am 21. Juni und am Tag darauf Velberts Bürgermeister informiert. Als Gründe führt Thorsten Hilgers an, dass eine konstruktive und respektvolle Zusammenarbeit in er Fraktion nicht mehr möglich gewesen sei. “Daher habe ich den Entschluss gefasst, die Fraktion zu verlassen – eine Entscheidung, die ich für mich persönlich als richtig und notwendig erachte.” Es verblieben Helmut Stiegelmeier als Vorsitzender und Carsten Haider als sein Stellvertreter in der Volt-Fraktion. Die Gesamtsituation um Volt sorgte auch in der Velberter Lokalpolitik teils für Unmut, denn Ausschüsse hatte man zwischenzeitlich zweimal umordnen müssen.
Nico Sammito, der erst von der FPD zu Volt Velbert wechselte, hatte ebenfalls frühzeitig eine Entscheidung getroffen: “Ich habe meine Kandidatur bereits vor dem Beschluss des Landesvorstands zurückgezogen, weil für mich schon früh deutlich wurde, dass unter den gegebenen Umständen kein konstruktiver Wahlkampf mehr möglich gewesen wäre”. Die Entscheidung des Landesvorstands sei folgerichtig und verdiene volle Unterstützung.
“Auch wenn dieser Schritt schmerzlich ist, war er notwendig und konsequent”, so Sammito. “Leider geht die Entscheidung zu Lasten der Velberter Bürgerinnen und Bürger. Nach der Kommunalwahl droht eine politische Alternativlosigkeit, die unserer Stadt nicht gerecht wird.”
Der Image-Schaden ist nun angerichtet, entmutigen lassen, möchte sich das Velberter Team aber nicht. Bei Volt Velbert wolle man die vergangenen Monate sorgfältig analysieren, stellt Sammito klar. Auch ohne Mandat wolle man sich weiter zu kommunalpolitischen Themen äußern. “Wir bleiben präsent, greifen Themen auf und bereiten uns auf kommende Wahlen vor. Unser Ziel ist klar: politische Verantwortung übernehmen mit Transparenz und Substanz.”
Der Wahlausschuss in Velbert tagte am Donnerstag, 10. Juli. Bereits in der Beschlussvorlage tauchte Volt nicht mehr bei der Festlegung der Namen für die Stimmzettel auf. Stattdessen ist folgender Passus zu lesen: “Für die Partei Volt Deutschland liegt kein Wahlvorschlag vor. Die am 28.05.2025 eingereichten Wahlvorschläge für die Wahl zum Bürgermeister, die Wahlbezirke und die Reserveliste wurden
durch Einreichung eines Schreibens am 02.07.2025 durch die neu eingesetzten Vertrauenspersonen (Herr Markus Blümke und Herr Wolfgang Heckmann) zurückgezogen.
Unabhängig hiervon hätte die Partei Volt Deutschland das erforderliche Quorum an Unterstützungsunterschriften für die Wahl zum Bürgermeister und das erforderliche Quorum an Unterschriften in den Wahlbezirken 1, 2, 3, 4, 6, 8, 10, 11, 12, 13, 15, 19 und 20 nicht erreicht. Der Wahlbezirk 18 war unbesetzt (Tod des Bewerbers, wurde nicht wiederbesetzt). Das erforderliche Quorum für die Reserveliste wäre erreicht worden. Das Verwaltungsgericht Düsseldorf hat am 08.07.2025 (Eingang hier digital 14:41:38 Uhr) den Eilantrag von Herrn Stiegelmeier und Herrn Haider auf Gewährung von vorläufigem Rechtsschutz abgelehnt. Die Ratsmitglieder Herr Stiegelmeier und Herr Haider haben mit Datum vom 09.07.2025 per Mail beim Ausschussvorsitzenden für die Sitzung Rederecht beantragt. Das Ansinnen wurde abgelehnt, da das Rederecht hier nur Ausschussmitgliedern sowie ggfs. Vertrauenspersonen zusteht.”
Carsten Haider äußert sich in einer Stellungnahme
Carsten Haider hat mit einer Stellungnahme auf die Veröffentlichung des Artikels “Wahl in Velbert – Volt sorgt für eine Überraschung” vom 11. Juli 2025 reagiert. Haider schreibt darin:
“Im Super Tipp-Artikel vom 11. Juli wurden einige Pauschalbeschuldigungen über ehrenamtlich für Volt in Velbert Aktive geäußert, die nicht der Wahrheit entsprechen.
Die Anschuldigungen des Volt LaVo NRW beruhen alle auf ungesicherten Vorwürfen und Verleumdungen, die bestritten, widerlegt und längst richtig gestellt wurden. So ist auch das Schiedsgerichtsverfahren deutlich zu Gunsten von den Aktiven von Volt Velbert ausgefallen. Auch der Antrag beim Verwaltungsgericht (VG) Düsseldorf war lediglich derzeitig noch nicht beschlussfähig und wird erst später, nach der Kommunalwahl vom OVG Münster behandelt werden – und dies mit guten Aussichten auf Erfolg, so wie das Gericht schreibt.
Die Darstellung, dass unser Antrag vom VG abgelehnt wurde, ist falsch!
Weiterhin scheint die angesprochene Strafanzeige wegen angeblicher Urkundenfälschung, die hier in den Raum gestellt wurde, ein taktischer Bluff zu sein, der unseren Ruf zusätzlich schädigen soll. Da dies aber inzwischen mehrfach in der Presse veröffentlicht wurde, ohne dass die Beschuldigten sich dazu äußern konnten, ist es an dieser Stelle notwendig, dies aufs Schärfste zurückzuweisen. Es ist unzumutbar, dass die Presse die Betroffenen selbst nicht hat zu Wort kommen lassen.
In unserem Rechtsstaat gilt jemand der beschuldigt wird bis zum Beweis seiner Schuld als unschuldig. Es erweckt aber den Anschein, als ob der Volt LaVo NRW mehr im Sinne von Selbstjustiz fernab der zulässigen Grenzen von Recht und Gesetz agieren würde und erfährt dann natürlich Unterstützung von einer journalistischen Berichterstattung, die den Wahrheitsgehalt der Aussagen nicht hinterfragt hat und die Beschuldigten nicht zu Wort kommen lassen hat. Es ist unerklärlich, dass auch den übrigen Mitgliedern der Velberter Volt Fraktion kein Gehör geschenkt wurde, die ebenso unter den willkürlichen Gängeleien des Landesvorstandes zu leiden haben und als rechtmäßig gewählte Kandidat*innen nun um die Teilnahme an der Kommunalwahl bangen müssen. Auch sie sind leider nicht zu Wort gekommen.”