Bei Ärzten werden sogenannte Selbstzahlerleistungen gern verkauft. Foto: VZ NRW/Adpic
Bei Ärzten werden sogenannte Selbstzahlerleistungen gern verkauft. Foto: VZ NRW/Adpic

Düsseldorf. Mit der Gesundheit lässt sich gutes Geld verdienen – und Ärzte machen kräftig mit: Mindestens 2,4 Milliarden Euro geben gesetzlich Versicherte pro Jahr für Selbstzahlerleistungen in Arztpraxen aus. Diese Zahl hat der IGeL-Monitor des Medizinischen Dienstes Ende 2024 veröffentlicht.


“Viele Millionen davon sind aber schlecht investiert”, so die Verbraucherzentrale NRW. Denn die sogenannten Individuellen Gesundheitsleistungen (IGeL) seien meist nicht medizinisch notwendig und schaden teilweise mehr als sie nutzen. Viele der Leistungen würden zudem noch nicht auf Nutzen und Schaden überprüft. Oder sie seien nicht „ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich“, wie es das Sozialgesetzbuch V erfordert.

„Oft werden Patientinnen und Patienten beim Arzttermin zu Selbstzahlerleistungen gedrängt“, sagt Gesa Schölgens vom Projekt Faktencheck Gesundheitswerbung der Verbraucherzentralen NRW und Rheinland-Pfalz. „Aber IGeL sind niemals dringend. Man kann also ablehnen und sich erst unabhängig informieren. Geht es um eine akut notwendige Therapie, stehen dafür stets Leistungen der gesetzlichen Krankenkassen zur Verfügung.“

Was in Arztpraxen erlaubt ist und was nicht

Mediziner mit Kassenzulassung sind verpflichtet, Kassenleistungen anzubieten und dürfen diese nicht pauschal abwerten. Sie dürfen also nicht mit Begriffen wie „Großer Körper-Check“, „Krebsvorsorge Plus“ oder „Schwangerenbetreuung Plus“ werben, weil das eine unzureichende Leistung der Krankenkassen suggeriert.

IGeL können zudem auch mit Risiken verbunden sein, auch darüber müssen Patienten aufgeklärt werden. Und nicht jede Untersuchung ist ratsam: Zum Beispiel, weil die möglichen Befunde nicht aussagekräftig sind oder weil die IGeL nach einer wissenschaftlichen Überprüfung bereits negativ bewertet wurde. Unzulässig ist es auch, eine notwendige Behandlung an die Inanspruchnahme einer IGeL zu knüpfen, auch das kommt immer wieder vor in den Arztpraxen.

Wann Selbstzahlerleistungen Kassenleistung sind

Es gibt medizinische Leistungen, die unter bestimmten Voraussetzungen nicht selbst bezahlt werden müssen, sondern von den Krankenkassen übernommen werden. Das gilt zum Beispiel, wenn eine medizinische Notwendigkeit vorliegt oder die Patientin oder der Patient zu einer Risikogruppe gehört. Vor allem eine ganze Reihe von Früherkennungsuntersuchungen können von der IGeL zur Kassenleistung werden – nämlich in bestimmten Risikofällen (familiäre Vorbelastung) oder bei einem begründeten Krankheitsverdacht.

Das gilt zum Beispiel bei Frauen für die Ultraschalluntersuchung der Eierstöcke oder der Brust, wenn die Mammographie oder das Abtasten einen Krebsverdacht ergeben haben. Ebenfalls übernommen werden die Augeninnendruckmessung und die Augenspiegelung, wenn ein Verdacht auf eine Glaukom-Erkrankung besteht (Grüner Star).

Welche IGeL schon für alle Kassenleistung sind

Die Ärzteschaft wirbt häufig mit dem Argument, die Kassenleistungen seien veraltet. Und viele Menschen glauben, dass Krankenkassen zahlreiche notwendige Leistungen nicht mehr abdecken.

Tatsächlich wurden aber ursprüngliche IGeL, die einen durch Studien nachgewiesenen Nutzen haben, bereits in den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen aufgenommen. Das sind verschiedene Maßnahmen zur Krebsfrüherkennung, etwa die Darmspiegelung, die Mammographie und das Hautkrebs-Screening für bestimmte Altersgruppen.

Außerdem die Akupunkturbehandlung bei chronischen Rücken- oder Knieschmerzen, seit 2008 das Chlamydien-Screening für Frauen bis 25 Jahren, seit 2009 das Neugeborenen-Hörscreening. Seit 2017 sind die moderneren immunologischen Stuhltests zur Darmkrebsfrüherkennung Kassenleistung, seit 2019 unter bestimmten Voraussetzungen die Stoßwellentherapie (ESWT) bei Fersenschmerz.

Und seit April 2020 ist die Dermatoskopie mit Auflichtmikroskop zur Früherkennung von Hautkrebs für alle Versicherten ab 35 Jahren alle zwei Jahre eine Kassenleistung. Derzeit prüft das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWIG), ob der PSA-Test zum Nachweis von Prostatakrebs Kassenleistung wird.