Kreis Mettmann. Vor dem Hintergrund der auch im Kreis Mettmann stattfindenden „Corona-Spaziergänge“ haben die Kreistagsfraktionen ein gemeinsames Positionspapier veröffentlicht.
Man respektiere Fragen und Zweifel im demokratischen Diskurs, dennoch raten die Fraktionen Bürgern zu prüfen, ob mit einer Teilnahme an einem „Spaziergang“ oder einer ordnungsgemäß angemeldeten Demonstration ein legitimes Recht auf demokratische Teilnahme wahrgenommen oder nicht „vielmehr Demokratiefeinden und Verschwörungstheoretikern den Boden“ bereitet werde.
Landrat Thomas Hendele und Kreisdirektor Philipp Gilbert unterstützen die Initiative: „Der Positionierung des Kreistages schließen wir uns aus voller Überzeugung an. Meinungsfreiheit ist ein hohes und schützenswertes Gut. Diskurs und Debatte sollen und müssen sein. Aber demokratische Rechte und Freiheiten dürfen nicht missbraucht werden.“
Corona-Spaziergänge sind längst keine Einzelfälle mehr in den kreisangehörigen Städten. „Vermehrt“ seien sie zu beobachten, so die Kreisverwaltung. Dabei würden von einigen Teilnehmenden unter Nichteinhaltung von Abstands- und Hygieneregeln auch Verschwörungstheorien und demokratiefeindliche Aussagen verbreitet.
Die im Kreistag vertretenen Fraktionen und Gruppen – CDU, Grüne, SPD, FDP, UWG-ME und Piraten – nehmen das zum Anlass, um mit einer gemeinsamen Positionierung ein überparteiliches Zeichen zu setzen. In dem Positionspapier heißt es wörtlich:
Seit zwei Jahren stellt uns die Corona-Pandemie vor große Herausforderungen: Besonders Familien, Kinder und Jugendliche, aber auch ältere Menschen und vulnerable Gruppen sind von den Einschränkungen des täglichen Lebens betroffen. Zudem leiden einzelne Berufsgruppen wie Kulturschaffende, gastronomische Betriebe und der Einzelhandel besonders unter den Beschränkungen. In Kliniken und Pflegeheimen gehen Ärztinnen und Ärzte sowie das Gesundheits- und Pflegepersonal derweil täglich bis an ihre Grenzen und darüber hinaus, um an Corona Erkrankten zu helfen und – bei aller Vorsicht – den regulären Betrieb weiter aufrecht zu erhalten.
Die Pandemie beeinträchtigt den Alltag von uns allen und verlangt uns viel ab. In dieser Zeit zählen Zusammenhalt, Achtsamkeit und Solidarität, aber auch Nachsicht, Umsicht und Geduld. Denn auch wenn sich nicht jeder bislang beschrittene Weg tatsächlich als zielführend herausstellt, so ist doch klar, dass die Verantwortlichen auf allen Ebenen und mit allen Mitteln versuchen, das Beste zu tun, gesundheitlichen Schaden von den Menschen abzuwenden und dabei Wirtschaft, Handel und Kultur gut durch die Krise zu bringen.
Nichtsdestotrotz müssen wir in Politik und Gesellschaft weiter diskutieren und gemeinsam den besten Weg suchen, um möglichst gut und in absehbarer Zeit aus dieser Pandemie herauszukommen. Dem persönlichen Ärger und Frust über die Corona-Schutzmaßnahmen Luft zu machen und sein Demonstrationsrecht wahrzunehmen, ist Teil unseres demokratischen Diskurses. Für diesen stehen die unterzeichnenden Parteien jederzeit ein. Demokratische Spielregeln mit unangemeldeten „Corona-Spaziergängen“ zu umgehen und Infektionsschutzanordnungen bewusst zu ignorieren, überschreitet die Grenzen des rechtlich zulässigen Verhaltens, gefährdet den gesellschaftlichen Zusammenhalt und den notwendigen Gesundheitsschutz der Bevölkerung, der ebenso Bestandteil unserer im Grundgesetz verbrieften Rechte ist.
Wir, die unterzeichnenden Fraktionen und Gruppen im Kreistag Mettmann, haben Verständnis für diejenigen, die Fragen zur Schutzimpfung haben. Wir respektieren es, wenn diese Fragen und Zweifel im demokratischen Diskurs geäußert werden und stellen uns diesem. Wir erwarten zugleich, dass diejenigen, die für sich das Recht auf körperliche Unversehrtheit geltend machen, dieses auch im Gegenzug gegenüber anderen respektieren, indem sie sich mindestens durch die Einhaltung der Maskenpflicht sowie der Abstands- und Testgebote am Erhalt der Gesundheit ihrer Mitmenschen mitwirken.
Wir betonen das Recht auf Demonstrationsfreiheit als Form der demokratischen
Meinungsäußerung. Dazu gehört, sich an die zum Schutz der Allgemeinheit bestehenden demonstrationsrechtlichen Gesetze und Anordnungen zu halten und diese nicht durch vorgebliche „Spaziergänge“ zu umgehen. Jede Bürgerin und jeder Bürger muss selbst prüfen und einschätzen, ob er mit einer Teilnahme an einem „Spaziergang“ oder einer ordnungsgemäß angemeldeten Demonstration sein legitimes Recht auf demokratische Teilnahme wahrnimmt oder nicht vielmehr Demokratiefeinden und Verschwörungstheoretikern den Boden bereitet.
Wir werden weder zur Teilnahme an „Spaziergängen“ und Demonstrationen aufrufen noch selbst an diesen teilnehmen, deren Veranstalter offensichtlich antidemokratische Ziele verfolgen. Wir fördern im Gegenteil alle Initiativen und Aktionen im Kreis Mettmann für ein friedliches Miteinander.
Wir wenden uns gegen Hass, Hetze und Gewalt in öffentlichen Veranstaltungen und sozialen Medien. Wir danken der Polizei und den Ordnungsbehörden für ihren Einsatz bei der Pandemiebekämpfung und für den umsichtigen Umgang mit angemeldeten und unangemeldeten Demonstrationen.
Mit freundlichen Grüßen
Waldemar Madeia, Vorsitzender CDU-Fraktion
Sandra Ernst, Vorsitzende Fraktion Bündnis 90/Die Grünen
Manfred Schulte, Vorsitzender SPD-Fraktion
Klaus Müller, Vorsitzender FDP-Fraktion
Brigitte Hagling, Vorsitzende Fraktion UWG-ME
Thomas Küppers, Gruppensprecher Piraten