Düsseldorf. Ernährungstrends sind wie Wellen im Ozean. Sie starten fast unsichtbar unter der Wasseroberfläche und können sehr groß werden. Nach „Low Carb“ und „Low fat“ ist aktuell „Low Prot“ angesagt.
Immer mehr Menschen versuchen, möglichst wenig Proteine zu sich zu nehmen. Das Ziel: möglichst gesund sehr alt zu werden, bekannt auch als Longevity. Viele andere, vor allem Sportler:innen, nehmen besonders viele Proteine zu sich. Was ist nun richtig? Angela Clausen, Teamleiterin Lebensmittel im Gesundheitsmarkt bei der Verbraucherzentrale NRW, deckt falsche Annahmen auf und erklärt die Auswirkungen auf den menschlichen Körper:
Irrtum 1: Zu viel Protein ist schädlich
Dafür gibt es bislang keine klaren wissenschaftlichen Nachweise. Zwar wird eine sehr proteinreiche Ernährung in kleinen experimentellen Untersuchungen mit gesundheitsschädlichen Effekten in Verbindung gebracht, etwa einem erhöhten Arteriosklerose- oder auch Diabetes-Risiko.
Ernährungsstudien sind aber stets mit großen Unsicherheiten verbunden und liefern oft keine eindeutigen Aussagen. Wissenschaftliche Nachweise, dass ein Zuviel an Proteinen für Gesunde gesundheitlich bedenklich ist, gibt es nicht – tatsächlich scheinen sich die Nieren in gewissem Maße anpassen zu können. Viel von einem Nährstoff bedeutet bei einer gewissen Gesamtkalorienmenge aber immer auch weniger von anderen, also unter Umständen zu wenig wertvolle Fette und zu wenig langkettige Kohlenhydrate und Ballaststoffe.
Die Empfehlung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit lautet, dass Erwachsene nicht viel mehr als das Doppelte der empfohlenen täglichen Proteinzufuhr, also maximal zwei Gramm pro Kilogramm Körpergewicht zu sich nehmen sollten. Vorsichtig sein sollten Menschen mit einer Nierenerkrankung.
Irrtum 2: Besonders wenig Protein ist gesund
Longevity, also auf gesunde Weise ein überdurchschnittlich hohes Alter zu erlangen, ist der Wunsch vieler Menschen. Dazu soll angeblich eine möglichst niedrige Proteinzufuhr beitragen.
Kleine Studien zeigten zwar anhand von Alterungs-Biomarkern ein möglicherweise längeres Leben bei einer Energiezufuhr unterhalb des Bedarfs (Calorie Restriction), allerdings nicht zwangsläufig bei bester Gesundheit. Einige Longevity-Fans schwören zusätzlich auf extra wenig Eiweiß. Die wissenschaftliche Studienlage gibt das allerdings bislang nicht her. Und eine gute Idee ist Low Prot weder für junge Menschen (wegen des Wachstums) noch für Ältere. Protein wirkt nämlich dem altersbedingten Muskelabbau entgegen.
Deswegen empfehlen die Fachgesellschaften Menschen ab 65 Jahren, die tägliche Proteinmenge von 0,8 auf ein bis 1,5 Gramm pro Kilogramm Körpergewicht zu erhöhen. Für alle hat Protein den Vorteil, dass es gut und länger anhaltend sättigt.
Irrtum 3: Mit Eiweißriegeln und Shakes ist man gut versorgt
Falsch! Bei der Versorgung mit Proteinen ist die Qualität deutlich wichtiger als die absolute Menge an Eiweiß. Am besten deckt man den Proteinbedarf über möglichst naturbelassene Lebensmittel, pflanzliche wie auch tierische Produkte. Also vor allem Milchprodukte, insbesondere fettarmer Quark und Hartkäse, Ei, Hülsenfrüchte wie Linsen, Erbsen oder Bohnen, Haferflocken, Vollkornbrot, Nüsse und Samen sowie mageres Fleisch, Geflügel und Fisch.
Empfehlenswert ist, tierische und pflanzliche Proteine zu kombinieren, zum Beispiel Kartoffeln mit Ei, Milch mit Getreide, Vollkornbrot mit Käse, Kichererbsen mit Quark. Dann kann der Körper die Proteine besser verwerten. Auch vegetarisch lebende Menschen können sich so ausreichend mit Protein versorgen. Extra angereicherte Lebensmittel wie Eiweißbrote sind nicht notwendig und Proteine in Pulverform oder Nahrungsergänzungsmittel wie Eiweißpresslinge oder einzelne Aminosäuren schon gar nicht. Das gilt auch für Sportler.
Übrigens: Der Eiweißbedarf zum reinen Muskelaufbau wird oft überschätzt, da reichen schon ein Extra-Jogurt oder zwei Esslöffel Quark am Tag. Ab fünf Stunden Training pro Woche steigt der Kalorien- und Proteinbedarf je nach Sportart und Trainingszustand auf 1,2 bis 2,0 Gramm Protein pro Kilogramm Körpergewicht. Da viele Menschen in Deutschland mehr Proteine zu sich nehmen als empfohlen, ist ein möglicher Mehrbedarf oft bereits abgedeckt.
Irrtum 4: Die Lebenserwartung bestimmen allein die Gene
Falsch. Vielmehr weiß man heute, dass eine gesunde Ernährung die krankheitsfreie Lebenserwartung um etwa acht bis zehn Jahre erhöhen kann, und zwar zusammen mit anderen Lebensstilfaktoren wie Nichtrauchen, regelmäßiger körperlicher Aktivität, einem gesunden Gewicht, kein oder nur wenig Alkohol, ausreichend Schlaf sowie Stressabbau. Darüber hinaus lässt sich dadurch das geistige Wohlbefinden fördern, der altersbedingte kognitive Abbau mildern, das Demenzrisiko verringern und die allgemeine Lebensqualität verbessern.
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