Düsseldorf. Eine bessere Ernährung durch die Analyse des Mikrobioms – so versprechen es kommerzielle Anbieter. Von den Verbraucherschützern kommt Kritik an derartigen Angeboten. Denn: Es fehle die wissenschaftliche Basis, so Angela Clausen, Expertin für Ernährungsfragen.
Personalisierte Ernährungsempfehlungen, die kommerzielle Anbieter durch spezielle DNA-Tests oder Stuhlproben ermitteln, machen nicht selten große Versprechen: Bessere Gesundheit, nachhaltige Abnehmerfolge und Selbstoptimierung.
Es beginnt bereits bei der Definition der sogenannten personalisierten Ernährung. „Es gibt bislang keine einheitliche Definition, was genau eine personalisierte Ernährung umfasst und um welche Parameter es überhaupt geht“, so Angela Clausen von der Verbraucherzentrale NRW.
Seit langem bekannt seien individuelle Risikofaktoren für bestimmte Erkrankungen und unterschiedliche Reaktionen – dazu gehören der Blutzuckerspiegel nach dem Verzehr von einzelnen Lebensmitteln. Diabetes-Erkrankte kennen das. „Für diese Betroffenen ist ein personalisierter Ansatz durchaus sinnvoll.“, so Clausen. Dieser können dann im Rahmen einer seriösen Ernährungsberatung ausgearbeitet werden.
„Neu auf dem Markt und immer beliebter sind kommerzielle Angebote, die individuelle Ernährungsempfehlungen auf Basis eines Gentests oder einer Mikrobiom-Analyse aussprechen“, erklärt die Expertin. Es genüge ein einfacher Abstrich der Mundschleimhaut, der an den Testanbieter geschickt und dort im Labor analysiert wird.
„Wichtig ist hier zu betonen, dass es dafür bislang keinerlei Beweise für ihren Nutzen gibt“, erklärt Angela Clausen. Es gebe wenige veröffentlichte Studien. Sie sprächen von „ernüchternden Einsichten“.
Auch was ein gesundes oder normales Darmmikrobiom ist, ist nicht klar. Das wirkt sich letztlich auf den Sinn der Darmbakterien-Tests aus, für die kommerziellen Anbietern einfach eine Stuhlprobe geschickt wird, anhand deren Analyse dann Ernährungsempfehlungen optimiert werden.
„Expertinnen und Experten gehen davon aus, dass zahlreiche Parameter und Umweltfaktoren für die Zusammensetzung unseres Mikrobioms verantwortlich sind − was wir täglich essen ist somit nur einer von vielen“, so Clausen zu dem Grundproblem. „Und unser Mikrobiom verändert sich ständig“.
Einzelne Stuhlproben seien deshalb nur Momentaufnahmen – „ohne große Aussagekraft“, so die Expertin der Verbraucherzentrale NRW. „Bislang ist keine Ernährungsform und auch kein einzelnes Lebensmittel bekannt, das unser Mikrobiom nachweislich stark beeinflusst.“ Selbst extreme Diäten zeigten bei den Probanden in Studien nur minimale Veränderungen. Somit fehle bei der Mikrobiom-Analyse der wissenschaftliche Nachweis und damit ein echter Nutzen.
Angela Clausen: „Den kommerziellen Angeboten fehlt die wissenschaftliche Basis, sie müssen keine Nachweise für den Nutzen ihrer Tests erbringen. Bei den DNA-Tests werden meist ausgewählte Genvarianten analysiert – das geht recht einfach und ist günstig umzusetzen. Die so erstellten Profile auf Basis nur weniger Genvarianten sind aber nicht aussagekräftig, um wirklich wirksame Ernährungsempfehlungen aussprechen zu können – meist bedeuten sie ein Verbot zahlreicher Lebensmittel“.
Gleiches gelte für die kommerziellen Stuhlprobenanalysen. Verbraucherinnen und Verbraucher zahlen dafür teils Kosten im dreistelligen Bereich. Und zwar „für Tests, für die derzeit keine nachgewiesene Wirksamkeit vorliegt“, so Clausen.
„Für gesunde Menschen gilt: Es ist nicht erwiesen, dass sie durch genbasierte Empfehlungen besser oder schneller abnehmen oder vor einer chronischen, ernährungsbedingten Erkrankung wie Diabetes Typ-2 besser geschützt sind“, erklärt die Expertin. Häufig beinhaltet die Beratung auch Empfehlungen für die Einnahme von speziellen Nahrungsergänzungsmitteln − „hiermit wird dann das eigentliche Geschäft gemacht“, mahnt Clausen.
Forschende untersuchen längst, welche Rolle Faktoren wie Genetik, Stoffwechsel oder Mikrobiom im Körper spielen. „Aktuell ist die Wissenschaft aber noch nicht so weit, hier grundlegende Empfehlungen auszusprechen“, so Angela Clausen.