Am 19. Januar vor 50 Jahren ging ein Protestzug durch Wülfrath, um für die Eigenständigkeit der Stadt zu demonstrieren. Zur Feierstunde im Rathaus konnte Bürgermeister Rainer Ritsche (l.) auch den Organisator des Umzugs Axel Neubauer (vorne, Mitte) begrüßen. Mit dabei Stadtarchivar Dr. Axel Bayer (2.v.l.), Landtagsabgeordneter Martin Sträßer, (2.v.r.) und Landrat Thomas Hendele (r.). Foto: Kling

Wülfrath. Im Foyer des Wülfrather Rathauses ist eine Ausstellung zu sehen, die den Kampf der Menschen um die Eigenständigkeit der Stadt vor 50 Jahren dokumentiert.

Schwarz-Weiß-Fotos aus dem Jahr 1974 sind Kern der Ausstellung. Gemacht wurden sie vor 50 Jahren von Ernst Erbach, dem damaligen Redakteur des General-Anzeigers. Nach seinem Tod gingen seine Dokumente über in den Besitz des Stadtarchivs. Archivar Dr. Axel Beyer hat die Fotos für die Ausstellung zusammen mit dem Neffen des Fotografen, Ulrich Erbach, herausgesucht. Für die Ausstellung wurden die Fotos bebarbeitet und auf DIN A 3 vergrößert.

Zu sehen ist unter anderem der große Demonstrationszug durch die Stadt mit Kundgebung vor dem damaligen Rathaus. Am 19. Januar 1974 machten Tausende von Menschen deutlich, dass sie nichts von den Plänen der Landesregierung hielten, dass Wülfrath ein Stadtteil von Wuppertal werden sollte.

In einer Feierstunde im Rathaus hat die Stadt an den Protestzug vor 50 Jahren erinnert.  Bürgermeister Ritsche sprach von einer „Welle des Protests“, einem „Aufbäumen unserer Bürgerinnen und Bürger, das den Grundfesten unserer Gemeinschaft entsprang“. Wären die Pläne des Landes Wirklichkeit geworden, so wäre Wülfrath dazu verurteilt gewesen, „ein Schattendasein am Rande einer Großstadt zu führen“.

Ritsche erinnerte daran, dass Wülfrath zu dieser Zeit 24.000 Einwohnerinnen und Einwohner hatte. Und der Protest hatte Erfolg: „Der anhaltende, nahezu geschlossene, Widerstand der Wülfratherinnen und Wülfrather und die schriftliche Stellungnahme der Stadt fanden Gehör in der Landespolitik.“ Im Juli 1974 beschloss der Landtag, dass die Stadt Wülfrath eigenständig blieb.

An den Protestzug vor 50 Jahren erinnerte nach dem Bürgermeister auch Axel Neubauer, der aus den Reihen der Bürgervereine damals den Widerstand organisierte.

Auf den Fotos der Ausstellung (bis 6. Februar) zu sehen sind aber nicht nur Aufnahmen des Zuges, sondern auch von der Bürgerversammlung in der Halle der Schule Radenberg sowie Zeitungsausschnitte, die den Widerstand aller Parteien gegen den drohenden Verlust der Selbstständigkeit dokumentieren.

Zur Ausstellung zählen außerdem Bilder von der Feier auf dem Heumarkt. Die fand am 13. Juli 1974 statt, nachdem der Landtag drei Tage zuvor entschieden hatte, dass Wülfrath eine selbstständige Stadt bleibt.

Archivar Bayer hat die Ereignisse vor einem halben Jahrhundert in einer Zeittafel zusammengefasst, die wir hier verkürzt wiedergeben:

11. Januar 1974: Wülfrath erhält die Nachricht, dass die Landesregierung plant, die Stadt Wülfrath aufzulösen. Sie soll künftig zu einem Großteil zu Wuppertal und zu einem kleineren Teil zu Velbert gehören.

19. Januar: Protestzug mit geschätzt 3.000 Teilnehmern.

3. Februar: Bürgerbefragung. 93,4 Prozent sprechen sich für eine weitere Selbstständigkeit der Stadt aus.

8. Februar: Der Stadtrat weist in einem Beschluss die Pläne der Landesregierung entschieden zurück.

4. April: Erste Lesung im Landtag. Keine der dort vertretenen Parteien stellt die Selbstständigkeit Wülfraths mehr in Frage.

10. Juli: Der Landtag entscheidet endgültig, dass Wülfrath eine selbstständige Stadt bleibt.

13. Juli: Wülfrath feiert mit einem großen Sommerfest auf dem Heumarkt den Fortbestand der Selbstständigkeit.

1. Januar 1975: Das Gesetz zur kommunalen Neugliederung tritt in Kraft. Nicht ganz Wülfrath konnte gerettet werden. Hahnenfurth, Düsseler Höhe und Dornap gehören nun zu Wuppertal. Im Norden gehören die Obere Flandersbach und der größte Teil von Rützkausen nun zu Velbert.

Historische Fotografien an einer Ausstellungswand.
Die Ausstellung im Wülfrather Rathaus ist bis zum 6. Februar zu sehen. Foto: Kling