In verschiedenen Bereichen verzeichnen die Stellen der Verbraucherzentrale einen erhöhten Beratungsbedarf. Foto: Volkmann
In verschiedenen Bereichen verzeichnen die Stellen der Verbraucherzentrale einen erhöhten Beratungsbedarf. Foto: Volkmann

Langenfeld/Velbert. In ihrem Jahresbericht haben die Beratungsstellen der Verbraucherzentrale im Kreis Mettmann jene Themen vorgestellt, die bei Kundinnen und Kunden besonders häufig für Ärger sorgen – das sind unter anderem betrügerisches Inkasso, Probleme bei Online-Einkäufen und untergeschobenen Energieverträge.

Insgesamt 6.901 Verbraucheranliegen verzeichneten die beiden Teams der Beratungsstellen in Langenfeld und Velbert. Das geht auch dem Jahresbericht hervor. Die Nachfrage bleibe damit auf „weiterhin hohem Niveau“, hieß es. In 1.527 Fällen führten sie eine Rechtsberatung durch oder schrieben an den jeweiligen Vertragspartner im Zuge einer Rechtsvertretung. Auf Veranstaltungen erreichten sie weitere 2402 Ratsuchende. Über das landesweite Servicetelefon meldeten sich zudem 1518 Ratsuchende aus dem Kreis Mettmann.

„Wir freuen uns, dass damit insgesamt 10.821 Bürgerinnen und Bürger aus dem Kreis Mettmann unsere Dienste letztes Jahr in Anspruch genommen haben“, so die beiden Leiter der Beratungsstellen, Andreas Adelberger (Velbert) und Andreas Nawe (Langenfeld).

Ärger und Unsicherheiten gab es reichlich und in unterschiedlichen Bereichen. So führten betrügerisches Inkasso sowie Probleme bei Onlineeinkäufen und untergeschobenen Energieverträge im Direktvertrieb zu zahlreichen Anfragen. Die Flutkatastrophe betraf viele Menschen unmittelbar und rückte die Schadensregulierung und den Versicherungsschutz in den Fokus. Auch Finanzthemen beschäftigen die Menschen, dann ging es unter anderem um Vertragskündigungen und Zinsanpassungen.

„Abzockerwellen“ durch Fake-Inkasso

„Nachdem im ersten Jahr der Pandemie fast ,am laufenden Band‘ Anfragen zu abgesagten Reisen und anderen Reiserechtsthemen eingingen, ebbte diese Welle 2021 spürbar ab“, erklärte Andreas Adelberger und ergänzt: „Statt dessen scheint es uns so, dass 2021 vor allem bestimmte Abzocker und Nepper die ohnehin durch viele Unsicherheiten in der Krise Gestressten gezielt zu schädigen versuchten.“

Andreas Nawe berichtete hierzu von zwei regelrechten „Abzockerwellen“ durch betrügerische Schreiben („Fake-Inkasso“). Eine davon: Eine Anwaltskanzlei aus Frankfurt überzog zahlreiche Verbraucher mit Schreiben zu einer Urheberrechtsverletzung durch angebliches Herunterladen eines Sexfilmchens. Verlangt wurden dabei regelmäßig über 2.000 Euro sogenannten Schadenersatzes.

Eine Recherche der Verbraucherschützer beim Rechtsanwaltsregister ergab jedoch, dass es die Kanzlei überhaupt nicht gab. Detail am Rande: Die auf dem beiliegendem Überweisungsträger abgedruckte IBAN entpuppte sich als Kennung für Norwegen als Zielland der Überweisung.

„Angesichts dieser ,Schock-Briefe‘ mussten wir Betroffene immer wieder beruhigen, konnten aber frühzeitig Kurzschlusshandlungen, nämlich Zahlung, verhindern“, so der Langenfelder Beratungsstellenleiter.

Gestolpert sind Verbraucher im vergangenen Jahr zudem über Fallen bei Online-Einkäufen. Andreas Adelberger, Leiter der Velberter Beratungsstelle, verdeutlichte, dass die Verbraucherzentralen in 2021 wiederholt Beschwerden, insbesondere bei der Rückabwicklung von Onlinekäufen, erreichten. So seien im Zusammenhang mit Widerrufen beziehungsweise Retouren mehrmals Behauptungen aufgestellt worden, es hätte sich im Rücksendepaket nicht die ursprüngliche Anzahl der zugesandten Produkte befunden. Betroffene kamen – falls kein Foto vor der Rücksendung erstellt wurde – in Beweisnot und sahen sich Forderungen bzw. verweigerten Erstattungen gegenüber.

Energierecht: Direktvertrieb durch „Cold Calls“

Seitdem die Energiepreise im Herbst 2021 angezogen haben, verzeichneten die Berater der beiden Beratungsstellen zunehmend unerlaubte Werbeanrufe bei den Bürger im Kreis Mettmann. Dieser Trend hält bis heute an und füllt auch gegenwärtig die Terminlisten für Rechtsberatung. Auch wenn der Anruf rechtswidrig sei, würde dennoch ein Vertrag entstehen können, erläuterten Adelberger und Nawe.

Allerdings sei für die Wirksamkeit seit 27. Juli 2021 durch das neue Energiewirtschaftsgesetz unter anderem zwingend eine Vertragsbestätigung in „Textform“ durch den Verbraucher nötig. Diese könne jedoch zum Beispiel durch eine SMS oder E-Mail oder Rücksendung eines Briefes erfolgen.

„Unsere Beratungsgespräche führten da nicht selten in das Innenleben eines Smartphones und der darüber gesendeten Nachrichten“, so die Verbraucherschützer, die von teilweise mühsamer Kommunikation oder gar nicht erfolgter Antwort durch Energiefirmen auf die Einschreiben der Verbraucherzentrale berichteten. Generell raten sie bereits von Vertragsverhandlungen am Telefon ab und empfehlen die sofortige Beendigung des Gespräches.

Klimaschutz und Fördermittel

Nicht jede Anfrage bei der Verbraucherzentrale ist allerdings von Ärger geprägt. Vielfach benötigen Bürgerinnen und Bürger auch Informationen. Wie viel Öl verheizt eigentlich ein durchschnittlicher Haushalt jährlich? Dies hat die Energieberatung für den Kreis Mettmann im Rahmen einer Aktion mit einem Stapel Ölfässer dargestellt, wie die Energieberaterin der Verbraucherzentrale, Susanne Berger, berichtete. Hierbei wurde erläutert, welche klimafreundlichen Alternativen für alte Öl- oder Gasheizungen möglich sind. Angesichts absehbar steigender Preise von Öl und Gas sowie sehr attraktiver Fördermittel stand 2021 der Einsatz umweltfreundlicher Heiztechnologien wie Wärmepumpen, Pelletheizungen und Hybridanlagen hoch im Kurs und ließ das Telefon der Beraterin nicht mehr stillstehen.

Das zweite große Thema 2021 im Kreis Mettmann war der Bau der eigenen Solarstromanlage auf dem Dach oder als Steckersolargeräte auf dem Balkon. „Viele Beratungen fanden bezüglich einer sinnvollen Dimensionierung der Anlage statt und zu der Frage, ob ein Batteriespeicher mit berücksichtigt werden beziehungsweise wie groß dieser werden sollte. Auch wie Photovoltaik mit Elektroauto und Wärmepumpe optimal kombiniert werden könnte, war für viele Ratsuchende ein Thema“, so die Expertin.

Hilfspaket für Hochwasseropfer

Vollgelaufene Keller, beschädigte Gebäude und Autos, durchweichter Hausrat – der Starkregen im Juli hat auch im Kreis Mettmann teilweise große Schäden angerichtet. Stark betroffen waren etwa Velberter Stadtteile sowie die Städte Erkrath, Hilden und Langenfeld. „Für Betroffene, die sich über Nacht mit den katastrophalen Folgen des Hochwassers konfrontiert sahen, hat die Verbraucherzentrale rasch ein Hilfspaket mit passgenauen Beratungen und Informationen geschnürt“, so Andreas Adelberger.

Antworten auf die drängenden Fragen zum Umfang des Versicherungsschutzes, zur rechtssicheren Dokumentation der Schäden oder zum Verfahren bei der Begutachtung durch den Versicherer standen dabei im Mittelpunkt. Aber auch, wenn nicht wie erwartet reguliert wurde, zeigten die Verbraucherschützer den Weg zur Durchsetzung von Verbraucherrechten. Nicht zuletzt stand auch die richtige Vorsorge, damit der Keller bei Starkregen nicht vollläuft, auf dem Programm.

Beratung zum Bankenrecht gefragt

Beide Beratungsstellenleiter berichteten zudem von anhaltend gestiegener Nachfrage zu Finanzthemen: Eine Kündigungswelle von einst attraktiven Prämienparverträgen vor allem von Sparkassen führte zu erheblichem Beratungsbedarf. Kunden wollten die Rechtmäßigkeit der Kündigungen – oder auch von Vergleichsangeboten – einschätzen lassen und nahmen dazu die anwaltliche Beratung zu Bank- und Kapitalmarktrecht der Verbraucherzentrale in Anspruch. Im Kern ging es dabei um die Überprüfung der ursprünglich gut verzinsten Alt-Verträge und deren „Innenleben“ – zum beispielsweise um die Wirksamkeit von Zinsanpassungsklauseln, das Bestehen möglicher Nachforderungsansprüche bei Kündigungen oder auch um die Methode der Zinsberechnung.

„Es wandten sich viele verunsicherte Kunden an uns, weil sie sich vor den Kopf gestoßen fühlten. Eine Kündigung von Prämiensparverträgen muss aber nicht immer rechtmäßig sein. Manche Banken setzten hier wohl auf die Bequemlichkeit oder Unwissenheit ihrer Kund:innen. Da galt es gegenzusteuern“, so Andreas Nawe, der darauf hinwies, dass die Überprüfung weiterhin über beide Beratungsstellen möglich sei.

Die Schwerpunkte der Nachfragen ähneln sich dabei in beiden Beratungsstellen. Die Verbaucherzentrale hat die Angelegenheiten, die Kundinnen und Kunden besonders beschäftigten, aufgeschlüsselt: Am höchsten und identisch ist mit 38 Prozent das Thema Dienstleistungen. Es folgen für Langenfeld (in Klammern: Velbert) Konsumgüter mit 14 Prozent (10), Energie mit 12 Prozent (14), Finanzen mit 11 Prozent (13) und „Telefon“ mit 10 Prozent (9) aller Nachfragen.

Informationen über die Verbraucherzentrale und Kontakt zu den Beratungsstellen gibt es online unter www.verbraucherzentrale.nrw.