Ratingen. Die Schließungspläne bezüglich der Notfallpraxis in der Stadt durch die Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein hat für Wirbel gesorgt – viele Bürgerinnen und Bürger fürchten eine schlechtere Gesundheitsversorgung. Zum 1. Dezember geht die neue Portalpraxis im Mettmann als Alternative an den Start. Und die Vereinigung begründet ihre Entscheidung nun auch.
Nach der Bekanntgabe der Schließungspläne wurde bezüglich der Gründe spekuliert. Die Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein selbst verwies lapidar auf vorliegende Daten – ohne diese allerdings auch zu veröffentlichen.
Für die Ratingerinnen und Ratinger steckt hinter der Entscheidung deutlich mehr: Viele Menschen aus der Stadt befürchten, die Gesundheitsversorgung könnte durch den Wegfall der Notfallpraxis schlechter werden. Ein oft genanntes Argument: die weite Anfahrt zum neuen Mettmanner Alternativstandort vor allem für jene, die auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen sind.
Nun hat die Kassenärztliche Vereinigung auch eine Begründung nachgeliefert. Am Ergebnis ändert das aber nichts: am Evangelischen Krankenhaus in Mettmann nimmt die Portalpraxis am Montag, 1. Dezember, um 19 Uhr ihren Betrieb auf.
Im Fall gesundheitlicher Beschwerden außerhalb der normalen Praxisöffnungszeiten können sich Bürgerinnen und Bürgern aus der Region dann an die dort dienst-habenden Ärztinnen und Ärzte wenden. Schwere Notfälle werden in der direkt angebundenen Klinik-Ambulanz des EVK versorgt, weil die neue Praxis direkt in die Notaufnahme intergiert wird.
“Ergänzend stehen Erkrankten bei Bedarf auch die Portalpraxen am Klinikum Niederberg in Velbert sowie die Einrichtungen in Solingen, Leverkusen oder Düsseldorf zur Verfügung”, so die KVNO. In Langenfeld und eben auch in Ratingen schließen im Gegenzug die bisherigen Bereitschaftsdienstpraxen.
In dem Zug sieht die KVNO letztlich sogar eine “zukunftssicher Lösung” für die Gesundheitsversorgung im Kreis Mettmann. KVNO-Vorstand Frank Bergmann kommentiert: „Die beiden neuen Standorte Mettmann und Velbert stellen die ambulante Versorgung zu den Zeiten, in denen die normalen Praxen geschlossen haben, sicher”. Das hätte die Untersuchung bei dem unabhängigen Zentralinstitut für kassenärztliche Versorgung “klar festgestellt”. Besonders kurios: Auch bei einem ersatzlosen Wegfall der Praxen in Ratingen und Langenfeld hätte die Kassenärztliche Vereinigung die Versorgung im Landkreis entsprechen der gesetzlichen und vertraglichen Erfordernisse aufrechterhalten können. “Das kam für uns aber nicht infrage”, so Bergmann. In der Alternativlösung sieht die KNVO letztlich eine Verbesserung im Vergleich zum gesetzlichen Minimum.
Dass die Praxen in Ratingen und Langenfeld überhaupt erst wegfallen mussten, sei durch die Schließung der beiden Krankenhäuser in den betroffenen Städten begründet. Die räumliche Nähe zu einem Krankenhaus sei im ambulanten Bereitschaftsdienst schnell entscheidend, so die Vereinigung. Das könne bei Patienten mit medizinischen Notfällen, die zunächst in der Praxis der KVNO vorstellig werden oder bei Erkrankten, die eine weitere Untersuchung durch ein Labor oder eine Röntgenaufnahme benötigen, der Fall sein. „Stellen sich solche Personen allerdings in einer Praxis der KV vor und es ist kein Krankenhaus mit Notfallambulanz vor Ort vorhanden, wird das Praxispersonal auch immer den Rettungswagen rufen und der Betroffene verliert wertvolle Zeit. Gleichzeitig würde der Rettungsdienst zusätzlich belastet“, erklärt Bergmann. Die Ratinger St. Marien-Klinik hatte im Frühsommer 2024 Insolvenz anmelden müssen und letztlich blieb eine Suche nach Investoren erfolglos. Rund anderthalb Jahre gab es im Anschluss in die Ratinger Notfallpraxis.
Der Weiterbetrieb der Praxis für den Bereitschaftsdienst in Ratingen habe gezeigt, dass eine Praxis ohne angeschlossene Klinik die Fahrten von Rettungswagen forcieren kann und das obwohl sich gleichzeitig der Patientenstrom vor allem in den Stoßzeiten deutlich reduziert – teilweise deutlich um mehr als ein Drittel, erläutert Bergmann.
Die Untersuchung des ZI habe laut KVNO ergeben, dass eine neue Portalpraxis in Mettmann sowie eine weitere von der KVNO bereits ausgebaute Portalpraxis an der Klinik mit angeschlossener Kinderklinik in Velbert unter den gegebenen Voraussetzungen die Anforderungen am stärksten erfüllt.
„Die Entscheidung, im Landkreis die Standorte der Bereitschaftsdienstpraxen zu verändern, ist uns nicht leichtgefallen“, betont Bergmann. „Wir wissen sehr genau, welchen Stellenwert die Gesundheitsversorgung für die Menschen hat und setzen uns jeden Tag dafür ein, im Rahmen unserer Verantwortung diese bestmöglich zu sichern. Das bedeutet in diesem Fall auch, eine schwierige Entscheidung für die Menschen in den betroffenen Städten zu treffen“, sagt der KVNO-Vorstand. Ebenso macht er klar: „Wenn die Kliniken in Ratingen nicht weggefallen wäre, wäre Ratingen heute noch Portalpraxis-Standort. Gleiches gilt für Langenfeld.“
Neben der Versorgung vor Ort in Mettmann oder Velbert stehen zudem weiterhin ambulante Versorgungsangebote, die auch von zu Hause erreichbar sind, für die Menschen zur Verfügung. Von den Standort-Veränderungen unberührt ist die Versorgung bettlägeriger und nicht mobiler Patienten in der Region. In diesen Fällen kann über die kostenlose Servicenummer, 116 117, weiterhin ein ärztlicher Hausbesuch erfragt werden.


