Oliver Huth von der Ermittlungskommission "Eureka". Foto: LKA NRW
Oliver Huth von der Ermittlungskommission "Eureka". Foto: LKA NRW

Velbert. Der Schlag gegen die europaweit agierende Mafia-Organisation ‚Ndrangheta hat seine Kreise bis in den Kreis Mettmann gezogen. Konkret kam es laut Landeskriminalamt in Velbert zu einem Einsatz mit einer Festnahme. 


Einsatzkräfte der nordrhein-westfälischen Polizei und der zuständigen Staatsanwaltschaft Düsseldorf hatten am Mittwochmorgen über 50 Häuser, Wohnungen, Büros und Geschäftsobjekte in NRW sowie vier Objekte in Erfurt (Thüringen) durchsucht. Insgesamt seien 18 Haftbefehle vollstreckt worden. Der konzertierte Einsatz richtet sich gegen „mutmaßliche Verantwortliche, Mitglieder und Unterstützer einer deutschen sowie einer ausländischen kriminellen Vereinigung“, wie das Landeskriminalamt mitteilt. Letztere sollen der ‚Ndrangheta, der kalabrischen Mafia, zuzuordnen sein.

Das Verfahren führt federführend die bei der Staatsanwaltschaft Düsseldorf angesiedelte Zentral- und Ansprechstelle für die Verfolgung Organisierter Straftaten in Nordrhein-Westfalen – kurz: ZeOS NRW.

Der Schwerpunkt der Maßnahmen lag nach Angaben der Behörden in den Städten Bedburg, Bergisch-Gladbach, Siegen und Wuppertal. Rund 35 Beschuldigten wird in unterschiedlichem Umfang neben der Mitgliedschaft oder Unterstützung einer kriminellen Vereinigung auch Drogenhandel und Geldwäsche vorgeworfen.

„Ausgangspunkt der seit Juli 2020 andauernden Ermittlungen waren Hinweise der italienischen Strafverfolgungsbehörden zu Straftaten im Zusammenhang mit der italienischen Mafia-Organisation ‚Ndrangheta unter anderem in Nordrhein-Westfalen“, wie das Landeskriminalamt NRW erklärt. Siebe Beschuldigte sollen ein Eiscafé in Siegen betrieben haben, auf Anweisung eines „hochrangigen Mitglieds der ‚Ndrangheta aus San Luca in Kalabrien“. Italienischen Strafverfolgungsbehörden zufolge soll es sich um einen führenden Verantwortlichen im internationalen Kokainhandel handeln, der mutmaßlich einen Teil des Erlöses aus den Drogengeschäften in die Eisdiele investiert haben soll – es geht um einen Betrag von rund 400.000 Euro.

Die Eisdiele sollte Wäsche der illegalen Betäubungsmittelgewinne gedient haben und ein Logistikstützpunkt für die ‚Ndrangheta in NRW gewesen sein. Der 36-jährige Italiener soll eine GmbH gegründet haben und das Eiscafé gemeinsam mit seinem 38-jährigen Bruder betrieben haben, um die Herkunft der Gelder zu verschleiern. Es seien Kuriere und Strohleute mit italienischer Staatsbürgerschaft angeheuert worden. Ein Teil der Einnahmen aus dem Tagesgeschäft soll an Mitglieder der ‚Ndrangheta geflossen sein.

Ebenfalls im Mittelpunkt des Verfahrens steht ein 62-Jähriger als Hauptbeschuldigter. Er kommt laut Behörden aus dem Raum Hattingen. Der Mann soll der führende Kopf eines internationalen agierenden Betäubungsmittel-Netzwerks sein und hierbei insbesondere Kokain für hochrangige Mitglieder der ‚Ndrangheta geschmuggelt haben.

„Nach dem Ergebnis der Ermittlungen bezog die Tätergruppierung die Betäubungsmittel aus den Niederlanden sowie Belgien und transportierte dieses mittels umgebauter Fahrzeuge, die jeweils über ein spezielles Versteck verfügten, nach Italien“, teilt das Landeskriminalamt mit. Die Beschuldigten sollen in wechselnder Besetzung durch mindestens 58 Schmuggelfahrten alleine im Zeitraum Februar 2018 bis November 2022 circa 900 Kilogramm Kokain nach Italien transportiert haben. Der 62-Jährige soll über die Eingliederung von Personen in das Netzwerk entschieden, den Kontakt zu den internationalen Auftraggebern gehalten, die Geldflüsse des Netzwerkes koordiniert und den reibungslosen Ablauf der einzelnen Schmuggelfahrten gewährleistet haben. Zudem soll der Hauptbeschuldigte aus dem Raum Hattingen, bereits in den Jahren 2008/2009 mindestens eine Tonne Kokain nach dem oben genannten Modus Operandi nach Italien transportiert haben.

Mehrere Beschuldigte des Netzwerkes und aus dessen unmittelbaren Umfeld werden verdächtigt, mit Marihuana und Amphetamin „im Kilobereich“ Handel getrieben zu haben.

Es wurden europaweit zeitgleich durch die zuständigen Sicherheitsbehörden in Belgien, Frankreich, Italien, Portugal, Rumänien, Slowenien und Spanien sowie hierzulande in Bayern, Rheinland-Pfalz und im Saarland Maßnahmen umgesetzt.

Einsatz auch in Velbert

Insgesamt waren rund 500 Einsatzkräfte beteiligt. Die federführende ZeOS NRW hatte 16 Haftbefehle erwirkt. In Nordrhein-Westfalen zog der konzertierte Einsatz weite Kreise mit Durchsuchungen in Bedburg, Bergisch-Gladbach, Bergkamen, Breckerfeld, Castrop-Rauxel, Datteln, Dortmund, Essen, Fröndenberg, Hagen, Hattingen, Netphen, Neuss, Siegen und Wuppertal. Auch im Kreis Mettmann kam es zu einem Einsatz im Zuge des Verfahrens, konkret in Velbert.

Einer der Haftbefehle wurde in Velbert vollstreckt, dort geriet ein 50 Jahre alter Mann ins Visier der Ermittler. Wie ein Sprecher der Staatsanwaltschaft auf Nachfrage mitteilt, wurde der Beschuldigte gestern dem Haftrichter vorgeführt und sitzt inzwischen in Untersuchungshaft.

Der Beschuldigte sei dem aufgedeckten Betäubungsmittel-Netzwerk zuzuordnen, erklärt man bei der ZeOS NRW. Diesem Netzwerk rechne man derzeit insgesamt 17 Beschuldigte zu.

Nach Angaben der Staatsanwaltschaft Düsseldorf seien in Velbert ein Wohnobjekt und eine Geschäftsanschrift durchsucht worden. Die Einsatzkräfte stellten Beweismittel wie Datenträger und ein Mobiltelefon sicher. „Die Ermittlungen, insbesondere die Auswertung der sichergestellten Beweismittel, dauern an“, so die Staatsanwaltschaft.