Die Neuordnung der ambulanten ärztlichen Notdienstversorgung im Kreis Mettmann trifft vor allem Ratingen hart. Foto: Volkmann
Doppel-Schließung in der einwohnerstärksten Gemeinde: Die Neuordnung der ambulanten ärztlichen Notdienstversorgung im Kreis Mettmann trifft vor allem Ratingen hart. Foto: Volkmann

Ratingen/Kreis Mettmann. In einem überraschenden Vorstoß hat die Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein eine Neuordnung der ambulanten ärztlichen Notdienstversorgung beschlossen. Sehr zum Leidwesen im südlichen Kreisgebiet. Abgemacht war ein anderes Vorgehen in der Sache. 


Im Kreis Mettmann regt sich Unmut über die Zukunft der ambulanten ärztlichen Notdienstversorgung. Das Thema ist nicht neu, hatte allerdings jüngst eine überraschende Wendung genommen, als die Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein über ihren Beschluss, die Notdienstpraxen in Ratingen und Langenfeld zu schließen, informierte. Der Alternativplan: ab dem 1. Dezember soll der ärztliche Notdienst am Evangelischen Krankenhaus angesiedelt sein.

Kritik kommt unter anderem von Landrat Thomas Hendele, der darauf hinweist, dass geplant war, ein “gemeinsames Gespräch” mit Beteiligten der Kassenärztlichen Vereinigung, des Kreises Mettmann und der Stadt Ratingen sowie unter Beteiligung von NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann. “An diese Vereinbarung hat sich KVNO nicht gehalten”, ärgert sich Landrat Hendele. Die Kassenärztliche Vereinigung habe “lapidar über die Schließung der Notfallpraxis in Ratingen” informiert.

“Weder wurde das Gutachten übermittelt noch sind die hieraus für die Entscheidung relevanten Kriterien dargelegt worden”, empört sich Hendele. Der Kreis Mettmann steht damit ebenso ohne detaillierte Informationen dar wie die Ratinger Stadtverwaltung. Letztlich lässt sich hierdurch bislang nicht nachvollziehen, wie die Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein zu ihrer Entscheidung kommen konnte. “Analysen insbesondere der Patientenströme” hätten gezeigt, dass die Ratinger Bürgerinnen und Bürger bereits auf die umliegenden Notdienstpraxen der KVNO mit direkter Krankenhausanbindung ausweichen, weshalb die Ratinger Interimslösung auslaufe – die bisherige Alternative einer Versorgung in Räumen der ehemaligen Notdienstpraxis in Ratingen entfällt somit zum 30. November, was zeitgleich für die bisherigen Notdienst-Standorte der KVNO in Ratingen (St. Marien-Krankenhaus) und Langenfeld (St.-Martinus-Krankenhaus) gilt.

Landrat Hendele befürchtet, der Rettungsdienst können angesichts der veränderten Lage überlastet werden. Zudem sieht er eine Verschlechterung der Versorgung im südlichen Kreis Mettmann: “Die Schließung der Notdienstpraxis führt zu einem weiteren Versorgungsengpass für 160.000 Bürgerinnen und Bürger im südlichen Kreisgebiet. Es ist eben nicht zu erwarten, dass die Menschen aus Monheim, Langenfeld oder Hilden den Weg nach Mettmann auf sich nehmen, schon gar nicht mit dem ÖPNV.” Und je nach Wochentag, Tageszeit und Wohnort ist auch die Anreise aus Ratingen nach Mettmann mit einem erheblichen Zeitaufwand verbunden – wer krank ist, muss länger fahren. Wie eine gute Alternative klingt das nicht.

Auch in Erkrath regt sich inzwischen Unmut, denn der Ratinger Notfall-Standort wurde laut SPD auch von dort genutzt: “Ratingen ist weit weg von Erkrath und geht uns nichts an? Weit gefehlt”, so der Erkrather Sozialdemokrat Detlef Ehlert. “Denn die Aufgabe der Ambulanz in Ratingen als Anlaufstelle für Patienten abends und an Wochenenden, wenn die niedergelassenen Ärzte ihre Praxen dicht haben, soll jetzt in Mettmann sein”. Die Portalpraxis in Mettmann sei dann “zuständig für den kompletten Süden des Kreises Mettmann, von Monheim und Langenfeld bis eben nach Mettmann.”

Die einzige Alternative zum Mettmanner Standort wäre dann am neuen Helios-Klinikum und Velbert und damit noch weiter von den Städten im Südkreis entfernt. “Das bedeutet einen zusätzlichen Ansturm in Richtung des EVK, also des Krankenhauses in Mettmann – und damit noch weitere Wartezeiten und Wege für die allermeisten Kranken aus dem Südkreis und eben auch aus unserer Stadt”, so Ehlert. Auch die Ratinger Stadtspitze äußert

Auch im Evangelischen Krankenhaus in Mettmann selbst hat man die Veränderungen und die Reaktionen darauf längst vernommen. Und in der Abteilung für Öffentlichkeitsarbeit hat man sich dazu veranlasst gesehen, darauf hinzuweisen, dass die Portalpraxis der Kassenärztlichen Vereinigung “nicht durch das Personal unseres Krankenhauses besetzt” sei. Niedergelassene Haus- und Fachärzte aus dem Kreis Mettmann würden dien Part übernehmen. “Das EVK Mettmann kooperiert bei dieser Entscheidung durch die KVNO, indem das Krankenhaus die erforderlichen Räumlichkeiten zur Verfügung stellt und eine angegliederte Notfallklinik für die Patienten vorhält, die zwingend und dringend einer Krankenhausversorgung zugeführt werden müssen”, so eine Sprecherin des Evangelischen Krankenhauses. Dort kommuniziert man, dass das Krankenhaus die Portalpraxis “nicht übernimmt”, sondern das Praxisangebot lediglich an den Mettmanner Standort verschoben werde.

Die Ratinger SPD-Landtagsabgeordnete Elisabeth Müller-Witt spricht von einem “Ausverkauf der medizinischen Notfallversorgung in der größten Stadt im Kreis Mettmann”. Witt kritisiert: “Die Folge sind nicht allein deutlich längere Wege. Für ein einigermaßen zeitnahes Erreichen Mettmanns, müsste man davon ausgehen, dass sämtliche Bürgerinnen und Bürger der Stadt Ratingen über einen privaten PKW verfügen, denn die Anbindung an Mettmann ist selbst aus dem Stadtzentrum von Ratingen mit dem Bus nur unzureichend und in den Abendstunden fällt sie gänzlich aus, ganz zu schweigen von den weiter entfernt liegenden Stadtteilen Ratingens.” Die Abgeordnete hat sich in einer sogenannten Kleinen Anfrage an die Landesregierung gewandt, um unter anderem zu erfahren, welche Maßnahmen der NRW-Gesundheitsminister ergriffen habe, um Ratingens ärztliche Notfallversorgung sicherzustellen.

Bei der KVNO hingegen sieht man in der Entscheidung eine Maßnahmen, um eine “langfristige Perspektive für eine hochwertige ambulante Notdienstversorgung des Kreises” zu schaffen. Dort verweist man zudem darauf, dass es ergänzend Videosprechstunden im ambulanten Notdienst geben soll. Unberührt bleiben ärztliche Hausbesuche über die Telefonnummer 116 117.

Ratingen trifft es letztlich doppelt: Das Krankenhaus ist weg – und nun wird auch die ambulante ärztliche Notdienstversorgung vor Ort eliminiert. Bei den Bürgerinnen und Bürgern kommt das nicht gut an, wie man an vielen Kommentaren in die Sozialen Medien ablesen kann. Dort befürchtet man nicht nur eine schlechtere Versorgung, sondern sieht auch die Glaubwürdigkeit des Gesundheitssystems beeinträchtigt: Höhere Beiträge, weniger Leistung – so verstehen die Menschen vor Ort vielfach das Signal.