Rettungskräfte im Einsatz. Foto: Volkmann
Rettungskräfte im Einsatz. Foto: Volkmann

Velbert. Die Krankenkassen wollen nicht mehr die vollen Rettungsdienst-Gebühren übernehmen, wenn es zu sogenannten Fehlfahrten kommen. Auch in Velbert könnten Bürgerinnen und Bürger zukünftig Rechnungen erhalten. 


Bereits die Kreisverwaltung wies darauf hin, dass ein Notruf in einigen Fällen einen unliebsamen Gebührenbescheid nach sich ziehen könnte: Konkret könnte in jenen Fällen, in denen “Fehlfahrten” anfallen, dazu kommen. Eine solche Leerfahrt findet statt, wenn der Rettungswagen zu einem Patienten ausrückt, diesen jedoch ambulant versorgt und nicht in eine Klinik bringt.

Genau definiert sei der Begriff der Fehlfahrt aber nicht, wie die Stadt Velbert in einer Beschlussvorlage zur vergangenen Ratssitzung erklärt: “Bereits mehrere Gespräche mit den Kostenträgern auf Landesebene haben gezeigt, dass insbesondere die Definition von sogenannten Fehlfahrten zwischen den Beteiligten unterschiedlich ausgelegt wird”.

In der Ratssitzung am vergangenen Dienstag hat die Lokalpolitik sich des Themas angenommen. “Sie dürfen sicher sein, dass das für uns nicht der gewünschte Weg ist, den wir gern gegangen wären”, so Manuel Schoch, Leiter der Feuerwehr Velbert. Es würden zwei konkurrierende Gesetzgebungen gegenüber stehen – das seien das Sozialgesetzbuch V und das Rettungsdienstgesetz des Landes Nordrhein-Westfalen. Letzteres ermögliche der Feuerwehr, die “Fehleinsätze in die Gebührenkalkulation miteinfließen zu lassen”, erklärt Schoch. “Die Bundesgesetzgebung hingegen sagt: Damit haben wir – Stand heute – nichts zu tun”.

Dass die Kostenträger die Gebühren plötzlich nicht mehr vollumfänglich tragen wollen, kam offenbar durchaus überraschend. Wie Velbert Feuerwehrleiter erklärt, habe es zunächst gute Gespräche mit positivem Ausgang gegeben, rund acht Monate später sei dann aber die Kehrtwende gekommen – mit dem Ergebnis, dass auf die Bürgerinnen und Bürger auch in Velbert mit Gebührenbescheiden rechnen müssen, wenn sie den Notruf wählen, es dann aber zu einer Fehlfahrt kommt. Während in anderen Kommunen bereits klar ist, wie hoch die Differenzgebühr, die über die gezahlten Festbeträge hinausgeht, ausfällt – in Essen sind es rund 270 Euro, in Ratingen rund 200 Euro – ist der Betrag in Velbert noch nicht fixiert.

Velberts Bürgermeister stellt klar: “Wenn das passieren wird, werden wir uns dagegen zur Wehr setzen.” Dirk Lukrafka geht somit davon aus, dass es zu einer Klage kommen werden. Er sorgt sich darum, dass die Menschen “die Rettungsmittel, auch wenn sie notwendig sind, nicht mehr rufen”. Lukrafka erklärt, man wolle in Velbert “keine amerikanischen Verhältnisse”.

Ähnlich sieht es Shamail Arshad von der SPD. Der Sozialdemokrat bekräftigt, dass man “keine Angst haben sollte, den RTW zu rufen”. In Summe hat die SPD-Fraktion der Satzung nicht zugestimmt, der Rat den von der Stadt Velbert vorgeschlagenen Beschluss jedoch mehrheitlich gefasst.

“Im Zuge der Abrechnung an die jeweiligen Kostenträger behält sich die Stadt Velbert vor künftig gleichzeitig ein Informationsschreiben an die versicherte Person zu versenden”, hieß es in der Vorlage. “In diesem Schreiben wird bereits im Vorfeld darauf hingewiesen, dass im Falle einer reduzierten Zahlung oder einer Ablehnung des Gebührenbescheides durch den Kostenträger die nicht übernommenen Gebühren
nachträglich der versicherten Person in Rechnung gestellt werden.”

Die Situation für Velbert ist herausfordernd: Einerseits kann eine Einigung nur erfolgen, wenn die Krankenkassen ihr Vorgehen wieder ändern; andererseits dürfen nicht von den Kostenträgern übernommene Gebühren den städtischen Haushalt nicht belasten und den Rettungsdienst muss auf wirtschaftlich gesunde Füße gestellt werden.

Die Stadt Velbert und der Stadtrat möchten sich mit der Beschlussfassung nun grundsätzlich die Möglichkeit verschaffen, die Gebühr geltend machen zu können, wollen jedoch auch den “Druck auf die Kostenträger und die zuständigen Landesgremien” erhöhen. Auch in Velbert erklingt letztlich der laute Ruf nach einer Reform des Rettungswesens.