Die Industrie- und Handelskammer hatte in Velbert ein "Speed dating" organisiert, um Unternehmen und Schüler zusammenzubringen. Foto: Volkmann
Die Industrie- und Handelskammer hatte in Velbert ein "Speed dating" organisiert, um Unternehmen und Schüler zusammenzubringen. Foto: Volkmann

Velbert. Mit einem „Speed dating“ hat die Industrie- und Handelskammer im Forum Velbert am Mittwoch, 2. April, eine Möglichkeit geschaffen, um Schüler und Unternehmen an einen Tisch zu bringen. Um zukünftige Fachkräfte zu finden, müssen die Personalverantwortlichen in den Betrieben sich heutzutage ordentlich strecken. 


Jüngst hatte die Agentur für Arbeit ihre Halbjahresbilanz für den Ausbildungsmarkt im Kreis Mettmann vorgestellt. Demnach kommen auf rund 1.100 unbesetzte Ausbildungsstellen rund 1.550 noch suchende Bewerberinnen und Bewerber. Rein nach der Zahlenlage sollten die Chancen für Unternehmen aus der Region demnach gut stehen, um ausgeschriebene Azubi-Stellen auch zu besetzen. Und dennoch bleiben in Betrieben Stellen frei, die Suche nach den Fachkräften von morgen bleibt eine Herausforderung. Aktuelle Zahlen des Landesamtes für Statistik NRW belegen den Trend: 272.000 Menschen haben im vergangenen Jahr in Nordrhein-Westfalen eine Ausbildung im sogenannten dualen System – also im Betrieb und der Berufsschule – absolviert. Das ist ein Minus von rund zehn Prozent.

Um die Fachkräfte der Zukunft zu finden, müssen Personalverantwortliche in den Unternehmen sich ordentlich strecken – und sie tun es. Leith Aissa, Head of Logistics bei dem Mettmanner Unternehmen Gebo Armaturen, erklärt, man müssen sich heutzutage breit aufstellen, um sowohl den Betrieb als auch die offenen Stellen zu präsentieren. Der Mittelständler aus der Kreisstadt war eines jener Unternehmen, das an dem von der IHK organisierten „Speed dating“ im Forum Velbert teilgenommen hat. „Das ist eine tolle Sache. Man kommt komplett ungezwungen in den Austausch mit jungen Menschen“, so Aissa. Das Ziel in den rund zehnminütigen Gesprächen sei kein Vertragsabschluss, vielmehr wolle man Schulabgängern Möglichkeiten aufzeigen, sie für Berufe begeistern und womöglich für einen Schnuppertag oder ein Praktikum, vielleicht sogar für ein Bewerbungsgespräch in den Betrieb holen, erklärt der Logistikchef von Gebo Armaturen. „Wir wissen heute gar nicht mehr, wo die jungen Leute auf uns aufmerksam werden“, so Aissa. Das könne auf Jobplattformen, in Zeitungen, über die Eltern, vor allem auch über die Sozial Medien sein.

Die Gegebenheiten auf dem Ausbildungsmarkt seien „unheimlich schwer“, so Leith Aissa. Offene Stellen tatsächlich besetzen zu können, sei daher ein echter Erfolg. Oft fange es bereits bei der Anzahl der Bewerber an, die bei Unternehmen auf einem niedrigeren Niveau liegen könnten als noch vor einigen Jahren.

Die Industrie- und Handelskammer unterstützt Betriebe wie Schulen, um beispielsweise im Falle des „Speed datings“ in Velbert für erfolgreiche Matches zu sorgen. Jürgen Holtkamp, Leiter des IHK-Bereiches Ausbildungsberatung. „Der Ausbildungsmarkt ist schwieriger geworden“, bestätigt Holtkamp. Es gebe weniger junge Menschen und auch weniger Ausbildungsstellen. „Gleichzeitig braucht es eine gute Passung. Die Jugendlichen sind heute anders unterwegs, sie sind digitaler. Und Unternehmen versuchen, sich genau darauf einzustellen“. Um Positionen letztlich für beide Seiten treffsicher besetzen können, seien ein erstes Kennenlernen und ein erster Druck enorm hilfreich, so Holtkamp. Das Speed dating sei ein „niedrigschwelliges Format“. Die Handelskammer versuche, mögliche Erfolge auch weiter zu verfolgen. Die gebe es tatsächlich, valide Zahlen laut Holtkamp aber nicht, weil zu wenige Unternehmen die Ergebnisse zurückmeldeten.

Die Auswahl auf dem Ausbildungsmarkt ist groß, das spiegelte sich auch bei dem Event im Forum wider. „Wir haben rund 60 Berufe im Portfolio“, so Jürgen Holtkamp. Besonders gefragt seien auch heute noch Ausbildungsklassiker: „Angesagt sind unter anderem Büromanagement oder eine Ausbildung im Bereich der Industriekaufleute“, verrät der Leiter der IHK-Ausbildungsberatung.

Warum es für Unternehmen derzeit so herausfordernd sei? „Wir haben mit einer Jugendgeneration zu tun, die durch Corona ein bisschen geprägt ist. Es müssen in Unternehmen zum Teil schulische Themen aufgearbeitet oder aufgeholt werden. Und wir haben teils pädagogische Herausforderungen, vor allem mit Blick auf die Älteren“. Bei den Generationen Z und Y stünden zudem andere Werte im Fokus: „Stichwort Work-Life-Balance“, so Holtkamp. „Auch hier stellen Unternehmen sich darauf ein, allerdings geht das natürlich nicht in allen Berufsarten oder Branchen.“ Die Ansprüche der Jugendlichen seien nicht unbedingt gestiegen, sie seien anders: „Es geht hier nicht um besser oder schlechter. Gesellschaft verändert sich und damit verändern sich die Anforderungen.“

39 Betriebe hatten den Weg nach Velbert angetreten, um sich und die insgesamt 327 freien Ausbildungsplätze im Forum zu präsentieren. Mitgemacht haben Unternehmen mit Wurzeln in der Region wie unter anderem BKS, IMS oder Lhoist, aber auch die Deutsche Bahn oder Aldi.