Heile Welt: 16 Jahre nach dem Verbrechen deutet an der unteren Friedrichstraße nichts mehr auf das Drama hin, das sich in der Altbauwohnung des Hauses mit der Nr. 142 abspielte. Foto: Dlugosch
Heile Welt: 16 Jahre nach dem Verbrechen deutet an der unteren Friedrichstraße nichts mehr auf das Drama hin, das sich in der Altbauwohnung des Hauses mit der Nr. 142 abspielte. Foto: Dlugosch

Velbert. Der „Cold Case“ um die Ermordung der damals 47-jährigen Stewardess aus Velbert hat eine überraschende Wendung genommen: Die Behörden haben einen 57-Jährigen aus Hessen als tatverdächtig festgenommen. Sein Motiv bleibt unklar. 


Mord verjährt nicht – in Deutschland können besonders schwerwiegende Straftaten auch nach vielen Jahren oder gar Jahrzehnten noch gesühnt werden. Damit das passieren kann, müssen die Fälle jedoch aufgeklärt werden, um eine Anklage überhaupt erst zu ermöglichen. In Nordrhein-Westfalen hatte das Ministerium des Innern eine Cold-Case-Einheit beim Landeskriminalamt eingerichtet. „Rentnercops“ – ehemalige Todesermittler, Kommissariatsleiter, Vermisstensachbearbeiter oder Experten aus der Kriminaltechnik – befassen sich mit ungeklärten Mord- und Tötungsdelikten aus den vergangenen fünf Jahrzehnten.

Seit 2017 arbeitet das Landeskriminalamt eine Datenbank für ungeklärte Tötungsdelikte auf – seit 1970 sind das knapp über 1.100 Fälle, von denen laut LKA etwa 850 relevant sind für die Cold-Case-Spezialisten. Fünf gelöste Fälle sind die bisherige Bilanz – ein weiterer könnte nun hinzukommen: Der Mord an der damals 47-jährigen Flugbegleiterin Claudia K..

16 Jahre liegt die Tat zurück. Am 1. Februar 2007 geriet die heile Welt in Velbert ins Wanken. Die Leiche der Stewardess fand ihr eigener Sohn, damals 14 Jahre alt, in der Altbauwohnung in der Innenstadt. Die Ermittlungen der Polizei liefen ins Leere. Die wichtigste Spur: DNA am Tatort.

In den Fokus der „Mordkommission Friedrichstraße“ gerieten die Mitglieder des Fitnessstudios „Area One“, hunderte DNA-Proben hatten Einsatzkräfte bei Männern im Alter zwischen 20 und 60 Jahren abgenommen. Einen Treffer gab es nicht.

Eine zweite heiße Spur: Eine Zeugin hatte vor dem Haus einen Mann gesehen, der am Morgen des Tattages gegen 7.40 Uhr über die Gegensprechanlage des Hauses kommuniziert haben soll. 175 Zentimeter groß, schlank, mit blondem Zopf und einer roten Mütze. Die Ermittler fahndeten, unter anderem mit einem Phantombild – jedoch vergeblich. Auch dieser Ansatz brachte die Polizei in dem Fall nicht weiter.

Der von Claudia K. getrennt lebende Ehemann hatte die Tat nach Erkenntnissen der Ermittler nicht begangen, ein DNA-Abgleich fiel negativ aus. Der 53-Jährige erschoss sich am 5. Februar, vier Tage nach dem Verbrechen in Velbert, in seiner Wohnung im hessischen Bensheim. Weil die Ermittler keine Einbruchsspuren fanden, gingen sie davon aus, dass die damals 47-Jährige und der Mörder sich gekannt haben. Letztlich landete der Fall als ungeklärt in den Akten.

Dann die überraschende Wende in dem „Cold Case“, als die Polizei in Düsseldorf am 1. September – und damit etwas mehr als 16 Jahre nach der Tat – darüber informierte, dass man einen Tatverdächtigen in Hessen festgenommen hatte. Nach aktuellen Informationen der Behörden handelt es sich dabei um den 57 Jahre alten Sven K., dessen DNA unter anderem an der Kleidung der Getöteten gefunden worden sei. In der letzten Juliwoche habe es einen Treffer in der Datenbank gegeben, in der der Tatverdächtige aufgrund verübter Raubüberfälle eingetragen war. Sven K. soll im Jahr der Tat ein flüchtiger Bekannter des Ex-Mannes von Claudia Knapp gewesen sein. Claudia Knapp sei nach Angaben der Ermittler durch massive Gewalt gegen den Schädel gestorben.

Das Motiv des 57-Jährigen ist indes unklar, Sven K. habe sich hierzu nicht geäußert. Möglich ist ein Auftragsmord: Nach der Trennung solle der Ehemann der Velberter Flugbegleiterin geäußert haben, er wolle seine Frau umbringen lassen.