Michael Mehler heute - und als Vergleich einige Fotos seines zweiten, deutlich schwergewichtigeren Ichs. Foto: Volkmann
160 Kilogramm Unterschied: Michael Mehler heute - und als Vergleich einige Fotos seines zweiten, deutlich schwergewichtigeren Ichs. Foto: Volkmann

Velbert. Eine Schockdiagnose hat ein junger Velberter zum Anlass genommen, um sein Gewicht zu reduzieren – und zwar drastisch. Rund 160 Kilogramm Körpergewicht hat Michael Mehler verloren. 

Vor rund vier Jahren wog Michael Mehler knapp 266 Kilogramm – heute sind es rund 160 weniger. Der Velberter hat ordentlich an Gewicht verloren, dabei begann sein Abnehm-Projekt alles andere als erfolgversprechend. Die Entscheidung für eine Veränderung traf Mehler bereits im Jahr 2016 mit damals 234 Kilogramm. 50 nahm er ab, dann schlug der Jojo-Effekt zu, sein Gewicht stieg letztlich sogar noch. Schmerzen beim Gehen und die Angst zu sterben wurden zu Mehlers Begleitern.

2019 dann die erneute Kehrtwende. Mit einer Magenverkleinerung nahm der Velberter rund 25 Kilogramm ab, dann stoppte der Prozess aus zunächst unklaren Gründen. Ein Bluttest führte zu der Schockdiagnose: Hirntumor – ein sogenanntes Prolaktinom, ein bei ihm gutartiger Tumor der Hirnanhangsdrüse, hatte für reichlich Chaos gesorgt in seinem Körper.
Das Leben von Michael Mehler stand Kopf, aber es gab nun eine Erklärung für das stagnierende Gewicht trotz Magen-OP. „Der Tumor sorgt für eine hormonelle Dysbalance“, erklärt der Velberter. Die Hormone sorgten für Depressionen und Angstzustände. Bei Mehler wuchs nach der erfolgreichen Krebsbehandlung der Drang, sein Leben radikal zu verändern.

Fast täglich Sport über mehrere Stunden und über viele Monate eine strikte vegane Ernährung erwiesen sich als Glücksboten: „Ich merke, wie ich mit jedem verlorenen Kilogramm glücklicher werde“, freut sich Mehler. Inzwischen hat er seine T-Shirt-Größe von 10XL auf 2XL geschrumpft, trägt Schuhgröße 46 statt 52 und hat seine Bundweite von 74 auf 34 verringert. Aus dem Supersize-Mann ist ein sportlich-muskulöser Typ geworden. Und er sprüht vor Energie.

Die Klamotten gab es früher nur in Spezialgeschäften. Foto: Volkmann
Die Klamotten gab es früher nur in Spezialgeschäften. Foto: Volkmann

Seine Erfolgsformel: Bewusste Ernährung ohne Verbote und Bewegung. Inzwischen setzt er auf individuelle, fein austarierte Trainings- und Ernährungspläne, betreibt Bodybuilding. Sport sei dabei zu rund 20 Prozent für sein Abnehm-Ergebnis verantwortlich, erklärt Mehler. 80 Prozent seien Ernährung. Auch Pizza, Chips oder Gummibärchen dürfen es mal sein, die Sünde an manchen Tagen ist erlaubt. Aber: Am Ende des Monats müsse die Kalorienbilanz stimmen, erklärt Mehler. Vom täglichen Wiegen hält er nichts – das demotiviere eher, weil es auch Phasen geben kann, in denen sich auf der Waage gar nichts tut. Vor allem bei Frauen beobachte Mehler das häufig – sie sollten besser den Umfang messen, um Erfolge sichtbar zu machen, die auf der Anzeige der Waage womöglich verborgen bleiben. Sein Rat: Am Ball bleiben. Die Gewichtsreduktion sei vor allem „Kopfsache“. An schlechten Tagen solle man daher an seinen Plänen festhalten, trotzdem zum Sport gehen beispielsweise. „Du wirst merken, danach fängst du an zu grinsen“, so Mehler. „Du weißt hinterher, dass du etwas gemacht hast.“

Michael Mehler trägt jedoch im wahrsten Wortsinn eine andere Belastung mit sich herum: übriggebliebene Haut. Rund 15 Kilogramm, wie der 38-Jährige schätzt. Das führe zu körperlichen Einschränkungen, wie Mehler erklärt – Entzündungen, wunde Stellen, Juckreiz. „Ohne Schmerzen zu sitzen, ist kaum vorstellbar“, so der Velberter. Und auch die Klamotten – inzwischen wieder aus „normalen Geschäften“ – sitzen nicht, wie sie sollten.

Operationen teils aus eigener Tasche

Mit einer Crowdfunding-Kampagne sammelt der Velberter nun Geld für alle „notwendigen Operationen“. Einige davon muss er aus eigener Tasche bezahlen, so zumindest lautet der aktuelle Stand des Antragsverfahrens. Für die OPs an Bauch und Thoarx kommt die Krankenkasse auf, für die Maßnahmen an den Extremitäten und am Gesäß gilt das nicht.

Seine Behandlungsgeschichte gleicht einer Odyssee, selbst die Magenoperation sei im ersten Anlauf verweigert worden – ein persönlicher Termin bei der Krankenkasse änderte die Meinung seiner Sachbearbeiterin. Auch wenn nicht alles glatt gelaufen ist mit der Beantragung, böse ist er seiner Krankenkasse nicht. Im Gegenteil: „Sie haben mich immer gut behandelt“, so Mehler. Auch in der Adipositas-Zentrum am Velberter Helios-Klinikum habe er sich gut angehoben und unterstützt gefühlt.

Freunde, zu denen auch sein Ernährungscoach Max Bleckmann oder sein Personaltrainer Erdem Dül gehören, sind Mehlers Säulen. Auch seine Angehörigen zählen dazu. Alleine schaffen könne man es auch, so der Velberter, aber etwas Lob und Zuspruch seien hilfreich. Das gilt vor allem für jene Momente, in denen es nicht so gut läuft – beim Abnehmen, weil das Gewicht zeitweise stagniert, oder im Umgang mit anderen Menschen, die längst nicht immer so freundlich sind, wie es gesellschaftliche Normen vielleicht vorschreiben.

Gelernt hat der 38-Jährige im Verlauf der vergangenen Jahre vor allem eines: Es gibt deutlich mehr Unterstützung als man annehmen würde. Hier ein gutes Wort von einem Mittrainierenden, dort ein Schulterklopfer für das Geschaffte. All die Kleinigkeiten sorgen dafür, dass man auch Phasen der Schwäche überstehen könne, so Mehler. Denn die gibt es und sie können zu einem enormen Hindernis werden, das es zu überwinden gilt. „Nicht aus der Ruhe bringen lassen“, meint Michael Mehler. „Es ist wichtig, den richtigen Weg zu finden“. Das könne manchmal auch dauern.

Sein Leben dokumentiert Michael Mehler in den Sozialen Medien – und dort ist er in der Szene bekannt: Einige Tausend Follower und Likes auf Instagram, viele Millionen sind es hingegen auf TikTok. Dort gingen seine Videos teils viral. Das US-amerikanische Nachrichtenmagazin Newsweek hatte angefragt, ESPN ebenso – und die Medien hierzulande sind ebenfalls interessiert an seiner Geschichte. Demnächst ist der Velberter in einer Dokumentation des WDR zu sehen. Gedreht ist die Folge bereits, das Redaktionsteam hat ihn unter anderem ins Krankenhaus begleitet.

Trotz all des Rummels: Als Influencer sieht Michael Mehler sich nicht, beeinflussen möchte er andere Menschen, denen es so ging wie ihm einst, aber schon. Dem Velberter geht es darum, zu motivieren. Um das zu erreichen, macht er seine neue Passion zu einem Beruf: Mehler steht inzwischen selbst kurz vor dem Abschluss der Ausbildung zum Ernährungsberater.