Gelsenkirchen. Der Verwaltungsrat des Verkehrsverbundes Rhein Ruhr (VRR) hat eine Preiserhöhung bei den Tickets um durchschnittlich 1,8 Prozent zum 1. Januar 2020 beschlossen.
Diese Preiserhöhung ergebe sich im Wesentlichen aus dem Verbraucherpreis-Index und einem kombinierten Index aus Personal- und Energiekosten, erklärt der VRR. Dennoch hätten die Gremien versucht, die Preise im Sinne eines sich ändernden Mobilitätsbewusstseins und auch der verkehrspolitischen Ziele zur Verkehrswende und zum Klimaschutz moderat zu halten.
„Unsere Tarifentwicklung bewegt sich immer auf dem schmalen Grat zwischen akzeptierten Fahrpreisen, die unterschiedliche Kundenbedürfnisse berücksichtigten, und der Finanzierbarkeit des ÖPNV in unserem Verbundgebiet“, sagt VRR-Vorstand José Luis Castrillo. „Mit der Preisanpassung für 2020, die niedriger ausfällt, als in den Vorjahren, tragen wir den unterschiedlichen Bedürfnissen Rechnung.“
Im VRR zeichne sich ab, dass die Einnahmen, die die Verkehrsunternehmen benötigen, um ihre Aufwandssteigerungen zu decken, nicht mehr ausreichen. Nach Ansicht des VRR werden die Aufwände für die Verkehrsunternehmen in den kommenden Jahren eher zu- als abnehmen. Die Schere zwischen Aufwand und Einnahmen wird sich in den nächsten Jahren signifikant vergrößern.
Aufwandssteigerungen können nicht mehr in dem Umfang durch die Nutzer refinanziert werden, wie bisher“, sagt Castrillo. „Um aber auch in Zukunft einen attraktiven Nahverkehr mit einem großen Leistungsangebot zu gewährleisten, benötigen die Verkehrsunternehmen neben der Nutzerfinanzierung weitere Finanzmittel. Unsere Partner Kommunen, Land und Bund müssen gemeinsam die Finanzierung des ÖPNV nachhaltig ausbauen.“
Das ändert sich ab 2020 bei den Tarifen
Die Ticketpreise werden für 2020 differenziert angepasst. Im sogenannten Bartarif bleiben die Preise für die Einzel-Tickets für Erwachsene und Kinder in allen Preisstufen im kommenden Jahr gleich. Das zum 1. Januar 2019 eingeführte 4-StundenTicket und das Happy-Hour-Ticket, das Zusatz-Ticket sowie das 4erZusatzTicket bleiben ebenfalls preisstabil. Dagegen steigen die Preise für das Vierer-Ticket und auch das Zehner-Ticket leicht an. Gleiches gilt für das 24-Stunden- und das 48-Stunden-Ticket.
Im Bereich der Monatskarten und Abonnements werden die Preise nach Preisstufen gestaffelt leicht erhöht. Somit werden längere Reiseweiten und die Nutzungsdauer des ÖPNV berücksichtigt. Zudem wird die Preisdifferenzierung in der Preisstufe A fortgesetzt. So wird auch in diesem Segment dem unterschiedlichen Leistungsangebot in den einzelnen Städten im Verbundraum Rechnung getragen. Insbesondere in den Städten mit einem engmaschigen kommunalen Schienenverkehrsangebot sind die Bereitstellungskosten höher als in kleineren Städten oder ländlich geprägten Gemeinden mit einem überwiegenden Busangebot. Entsprechend werden Tickets im Preisniveau A2 deutlicher angepasst als im Niveau A1 – und nochmals etwas höher im Preisniveau A3.
Mit den zum 1. Januar 2020 beschlossenen strukturellen Anpassungen wird sich das Tarifsystem perspektivisch vereinfachen und verbessern. So wird die Beförderung von Kindergartenkindern in den VRR-Tarifbestimmungen neu geregelt. Künftig fahren auch Kinder über sechs Jahren bis zum Zeitpunkt ihrer Einschulung kostenlos.
Beim Schoko-Ticket bleiben die Eigenanteile für Schülerinnen und Schüler unverändert, somit bleibt der Preis für Anspruchsberechtigte stabil. Bei den Zahlungen der Schulträger werden die Preise wie bereits im Vorjahr proportional in Höhe des allgemeinen Erhöhungsmaßes angepasst. Das Schoko-Ticket für Selbstzahler steigt im selben Maße wie die Zahlungen der Schulträger. Gleiches gilt für das Schüler-Ticket im Übergang zwischen VRR und VRS. Somit werden auch hier die Preise um durchschnittlich 1,8 Prozent erhöht.
Im gleichen Maße steigt zum Sommersemester 2020 der Preis für das VRR-Semesterticket. Der in den Vorjahren vertraglich vereinbarte und zusätzlich zur allgemeinen Preisanpassungsrate erhobene Sonderbetrag in Höhe von 0,45 Euro pro Monat entfällt.
Bereits seit über sieben Jahren bietet der VRR mit dem Sozial-Ticket ein besonders rabattiertes Nahverkehrsticket für berechtige Fahrgäste. Derzeit nutzen monatlich im Durchschnitt 145.000 Kunden das Angebot, das in kreisfreien Städten in der Preisstufe A und in Kreisen gilt. Die aus der Rabattierung resultierenden Mindereinnahmen bei den Verkehrsunternehmen werden zum Teil durch Zuschüsse des Landes NRW gedeckt. Trotz der Unterstützung des Landes zeichnet sich auch weiterhin eine erkennbare Finanzierungslücke ab. Der Verwaltungsrat im Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR) hat daher heute eine Anpassung des Sozial-Tickets um 0,70 Euro auf 39,35 Euro pro Monat zum 1. Januar 2020 beschlossen.
Einnahmeverluste durch 365-Tage-Tickets
In Verbindung mit den vielfältigen Diskussionen zur Verkehrswende und der Tarifgestaltung für den Nahverkehr werden immer wieder 365-Tage-Tickets thematisiert. Der VRR hat errechnet, dass 365-Tage-Tickets für 365 Euro Einnahmenverluste für den VRR in Höhe von rund 250 Millionen Euro innerhalb einer Stadt bedeuten, bei verbundweiter Gültigkeit sogar um die 450 Millionen Euro.
„Im VRR würde dies Preissenkungen von bis zu ca. 80 Prozent bedeuten – im Gegensatz zum immer wieder zitierten ´Wiener-Modell´, wo die Preissenkung 20 Prozent betragen hat. Ohne vorherige Leistungsangebotserweiterung im SPNV und im kommunalen Nahverkehr droht das System aufgrund von Kapazitätsengpässen zu kollabieren“, sagt Castrillo.
„Auch Überlegungen, ein solches Ticket nur für eine Kommune zu realisieren, sind für den polyzentrischen Raum Rhein-Ruhr ein fatales Signal und würden insbesondere für Pendlerverkehre zwischen Stadt und Region falsche Anreize setzen.“
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