Das Velberter Werk von WKW Automotive in Neviges. Foto: André Volkmann
Das Velberter Werk von WKW Automotive in Neviges. Foto: André Volkmann

Velbert/Wuppertal. Nach der Anmeldung der Insolvenz des Automobilzulieferers WKW, der in Neviges einen Standort betreibt, steht für die lokale Gewerkschaft IG Metall Velbert vor allem der Erhalt der Arbeitsplätze an vorderster Stelle. „Daran werden wir die unterschiedlichen Investoren messen“, so der Gewerkschafts-Geschäftsführer Hakan Civelek. Ein Appell richtet sich auch an die Politik. 


Am 20. September hatte die Walter Klein-Gruppe, ein Zulieferer für die Automobilbranche, am Wuppertaler Amtsgericht den Insolvenzantrag eingereicht. Das Verfahren verwaltet nun der Fachanwalt Joachim Exner von der Kanzlei „Dr. Beck & Partner“. Exner gilt als erfahren und ist eigenen Angaben zufolge auf die „Bewältigung komplexer, internationaler Insolvenzverfahren mit dem Ziel des Unternehmens- und Arbeitsplatzerhalts“ spezialisiert. Zuvor agierte der Rechtsanwalt bereits als Insolvenzverwalter unter anderem bei den Pleiten des Automotive-Anlagenbauers „Eisenmann“ oder „Dr. Schneider“.

Die Krise in der Automobilindustrie zieht inzwischen Kreise bis in die Region. Nach Angaben des Unternehmens WKW auf der firmeneigenen Webseite sind im vergangenen Jahr 3.004 Mitarbeiter beschäftigt gewesen, ein Teil davon am Velberter Standort, der an der Siebeneicker Straße in Neviges zu finden ist. Der Zulieferer ist spezialisiert auf die Herstellung von Dachrelingsystemen, Zierleisten und Funktionsbauteile aus Aluminium und Kunststoff, produziert für namhafte Autobauer wie Volkswagen.

Laut Insolvenzverwalter sind in Deutschland rund 1.800 Mitarbeiter betroffen. Nachdem zunächst vergangene Woche die Walter Klein GmbH & Co. KG aus Wuppertal sowie die WKW Aktiengesellschaft aus Velbert Insolvenz angemeldet hatten, haben inzwischen nach Angaben der Kanzlei nun weitere Gesellschaften Insolvenzanträge gestellt: die Erbslöh Aluminium GmbH aus Velbert und Hemer (Niederlassung), die WKW Engineering GmbH aus Wuppertal, die WKW Roof Rail GmbH aus Velbert und d die WKW AnodiCoat GmbH & Co. KG aus Sprockhövel.

Das zuständige Insolvenzgericht hat die Verfahren zusammengefasst und bei Exner als vorläufigem Insolvenzverwalter gebündelt. Dies erhöht die Chancen für eine gesamtheitliche Sanierung. Nicht betroffen sind die WKW Unternehmens-Akademie GmbH aus Velbert, die WKW Verwaltung GmbH aus Velbert sowie die Gesellschaften in Ungarn, Frankreich, Monaco, Tunesien und den USA.

Der vorläufige Insolvenzverwalter hat gemeinsam mit der Geschäftsführung die meisten Beschäftigten der WKW Aktiengesellschaft und der Walter Klein GmbH & Co. KG in Mitarbeiterversammlungen über die Situation informiert. Weitere Betriebsversammlungen finden nächste Woche Montag und Dienstag statt. Derzeit verschafft er sich mit seinem Team an den Standorten einen Überblick über die wirtschaftliche Situation und prüft die Sanierungsmöglichkeiten. Welche Wege möglich und erfolgversprechend sind, wird sich in den nächsten Tagen und Wochen näher herauskristallisieren. „Klares Ziel ist es, das Unternehmen und möglichst viele Arbeitsplätze zu erhalten“, betonte Exner. Parallel dazu hat Exner bereits Kontakt zu den Kunden des Unternehmens aufgenommen, zu denen namhafte Automobilhersteller gehören. Hier gibt es erste, positive Entwicklungen. Die Kunden haben ihre Bereitschaft erklärt, weiter mit der WKW-Gruppe zusammenzuarbeiten und eine Fortführung zu unterstützen. „Das ist ein wichtiges Signal und eine gute Basis für die Gespräche und Verhandlungen mit potenziellen Investoren, die zeitnah aufgenommen werden“, so der vorläufige Insolvenzverwalter.

Der Geschäftsbetrieb gehe weltweit an allen Standorten und Gesellschaften der
WKW-Group in vollem Umfang weiter, erklärt Exner zudem. „Alle Aufträge werden ohne
Einschränkungen weiterhin gefertigt und wie gewohnt ausgeliefert.“

Die Löhne und
Gehälter der in Deutschland betroffenen Beschäftigten seien bis einschließlich
November über das Insolvenzgeld gesichert.

Gewerkschaft bereits involviert

Die Velberter Industriegewerkschaft Metall (IG Metall) ist längst mit dem WKW-Fall befasst und vertritt die Arbeitnehmerinteressen im Gläubigerausschuss. Die Gewerkschaft macht vor allem das Management der Walter Klein-Gruppe für die Krise verantwortlich.

„Das Management hat in den vergangenen Jahren Marktentwicklungen und Innovationszyklen verschlafen und zu lange an verlustigen Unternehmen im Ausland festgehalten“, kritisiert Velberts IG Metall-Geschäftsführer Hakan Civelek. Die hausgemachten Probleme seien durch die Inflation, hohe Energiepreise, die Chipkrise und einen harten Preiskampf mit vor allem chinesischen Wettbewerbern verstärkt worden.

Geplatzter Deal mit US-Investor

Wie Medien berichten, soll ein geplatzter US-Investoren-Deal der Grund für die Schieflage bei der Walter Klein-Gruppe sein. Einen Rettungsversuch habe es demnach Ende Juni gegeben.

„Die derzeitige Krise der Automobilwirtschaft hat dann das Fass zum Überlaufen gebracht“, so Civelek. Auch den aktuellen Vorstand kritisiert die IG Metall. So seien unter anderem neue Impulse ausgeblieben.

Die Velberter Industriegewerkschaft hofft nun darauf, dass dem Insolvenzverwalter eine Sanierung gelingt. Der Rechtsanwalt Joachim Exner kenne die Automotive-Branche gut und verfüge über gute Kontakte in die Automobilindustrie. „Wir werden mit ihm und seinem Team eng zusammenarbeiten und an einem Strang ziehen, damit die WKW-Gruppe aus der Krise kommt“, so Hakan Civelek. Kunden wie Mercedes oder BMW hätten bereits lange zuvor ihre Bereitschaft signalisiert, das Unternehmen retten zu wollen, erklärt Civelek: „Wir sind fest davon überzeugt, dass die WKW-Gruppe das auch Potenzial hat, diese schwierige Krise zu bewältigen“. Bei der IG Metall zeigt man sich zuversichtlich, dass potenzielle Investoren sich nun melden würden.

Gewerkschaft: Arbeitsplätze an deutschen Standorten erhalten

Die Velberter IG Metall möchte vor allem die Arbeitsplätze retten. Foto: Volkmann
Die Velberter IG Metall möchte vor allem die Arbeitsplätze retten. Foto: Volkmann

„Für uns als Gewerkschaft ist es wichtig, dass die Arbeitsplätze an den deutschen Standorten erhalten werden. Daran werden wir die unterschiedlichen Investoren messen“, so Civelek.

Die IG Metall sieht in der Insolvenz der WKW-Gruppe ein Sinnbild für die Krise der deutschen Automobilindustrie. „Derzeit schwächelt die gesamte deutsche Automobilwirtschaft“, so Hakan Civelek. Er kritisiert: Die großen Volkswirtschaften China und Amerika hätten sich durch eine aktive Industriepolitik erhebliche Wettbewerbsvorteile erwirtschaftet. Aufgrund der dortigen Staatssubventionen und der günstigen Energie würde auch deutsche Unternehmen zentrale Zukunftsinvestitionen oftmals gegen den Wirtschaftsstandort Deutschland treffen.

In Velbert appelliert man seitens der Industriegewerkschaft an die Politik. Die müsse „endlich aufwachen und durch eine aktive Industriepolitik Wachstumsimpulse setzen“. Die Unternehmen müssten den hohen Energiekosten entlastet werden. „Wir schlagen als IG Metall einen übergangsweisen Brückenstrompreis vor“, erklärt Civelek. „Zum anderen brauchen wir eine gezielte Förderpolitik, die Standorte und Beschäftigung sichert.“

Die Transformation der Industriebetriebe brauche eine klare industriepolitische Flankierung, mahnt der Velberter Gewerkschafter, „sonst findet die industrielle Zukunft nicht in Deutschland statt“.