Düsseldorf. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach will die Digitalisierung im Gesundheitswesen beschleunigen. Ein Baustein dabei ist die elektronische Patientenakte (ePA), die ab Ende 2024 für alle Menschen verbindlich werden soll, die gesetzlich versichert sind.
Dazu soll vor allem das sogenannte Opt-out-Prinzip beitragen. Wer nicht ausdrücklich widerspreche, dass die eigenen ärztlichen Dokumente digital in der ePA gespeichert werden, sei automatisch dabei, erklärt man bei der Verbraucherzentrale NRW.
„Auch die Gesundheit wird digital“, so Sabine Wolter, Gesundheitsrechtsexpertin der Verbraucherzentrale NRW. „Ein wesentlicher Baustein dafür soll die elektronische Patientenakte, kurz ePA, werden“.
Es handele sich dabei um eine persönliche digitale Gesundheitsakte von gesetzlich versicherten Personen. „Die gesetzlichen Krankenkassen stellen bereits seit Januar 2021 eine ePA zur Verfügung, jedoch nur auf Anforderung“, so Wolter.
Laut Bundesgesundheitsministerium nutzen dies bisher erst weniger als ein Prozent der gesetzlich Versicherten. Bis 2025 sollen es 80 Prozent der Versicherten sein.
„In der elektronischen Patientenakte kann man zum einen selbst angesammelte medizinische Unterlagen ablegen, zudem können die behandelnden Ärztinnen und Ärzte auf Patientenwunsch die ePA mit Befunden befüllen“, erklärt die Gesundheitsrechtsexpertin der Verbraucherzentrale NRW. Damit sollen Behandlungsunterlagen an einem Ort abrufbar sein – medizinisch ein großer Vorteil, weil Arztbriefe, Befunde, Medikamente oder Informationen über Vorerkrankungen bisher teils weit verstreut sind.
Wolter nennt ein Beispiel: „Wird man vom Hausarzt zur Abklärung eines Befundes an eine Fachärztin verwiesen, könnte diese die Befunde des Hausarztes direkt über die ePA einsehen und ihre eigenen Befunde auf Patientenwunsch in die ePA hochladen“. Voraussetzung dafür sei, dass Patientinnen und Patienten ihre elektronische Patientenakte für die jeweiligen Ärztinnen und Ärzte freigeben. Patientinnen und Patienten würden immer selbst entscheiden, für wen sie ihre Gesundheitsdaten freigeben.
Wie kommt man an die ePA und welche Funktionen hat sie?
„Die Nutzung der ePA ist freiwillig“, stellt Sabine Wolter klar. Gesetzlich Versicherte könnten die ePA-App ihrer Krankenkasse aus den gängigen App-Stores auf ihr Smartphone herunterladen. Zur Einrichtung der ePA benötige man eine Gesundheitskarte mit dem Funkwellen-Symbol für drahtlose NFC-Übertragung und einer sechsstelligen „Card Access“-Nummer (CAN).
„Weiterhin nötig sind die Krankenversicherungsnummer, eine E-Mail-Adresse und eine PIN von der Krankenkasse“, so Wolter. „Im Anmeldeprozess muss man sich legitimieren und registrieren. Mit der elektronischen Patientenakte kann man verschiedenste medizinische Unterlagen hochladen und verwalten, digital auf Impfpass, Zahnbonusheft, Mutterpass oder Kinderuntersuchungsheft zugreifen und die ePA auch beim Krankenkassenwechsel mitnehmen. In diesem Jahr werden neue Funktionen hinzukommen, dann lassen sich auch Krankenhaus-Entlassbriefe, elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen oder Laborwerte verwalten. Zudem können dann auch Daten pseudonymisiert für Forschungszwecke freigegeben werden.“
Alle Dokumenteninhalte seien so verschlüsselt, dass nur die jeweiligen Nutzenden und die von ihnen berechtigten Personen sie lesen können.
„Bisher müssen sich Versicherte selbst um eine elektronische Patientenakte bei ihrer Krankenkasse bemühen und diese einrichten“, erklärt die Gesundheitsrechtsexpertin. Diese Opt-in-Lösung werde von vielen als kompliziert und aufwendig empfunden, so dass die Zahl der Nutzenden der elektronischen Patientenakte noch gering ist.
„Bei der geplanten Opt-out- Lösung könnte die elektronische Patientenakte dann für alle Versicherten automatisch eingerichtet werden“, so Wolter. Zudem solle die Möglichkeit für Ärztinnen und Ärzte und Krankenhäuser, aktuelle Befunde in die ePA einzuspeisen, weitgehend automatisiert werden. Derzeit können Dateiformate wie PDF, JPG, und TIFF eingespeist werden, künftig auch PNG und Röntgenbilder in komprimierter Version etwa als JPG.
„Wer das nicht möchte, muss dann aktiv der Nutzung der ePA widersprechen“, erklärt Sabine Wolter. Dann werde keine ePA angelegt. „Denn niemand ist verpflichtet, sie zu verwenden. Die ePA bleibt freiwillig. Nach diesem Prinzip funktioniert die elektronische Patientenakte zum Beispiel bereits in Österreich, wo laut Lauterbach nur drei Prozent der Menschen widersprochen haben.“