Eine S-Bahn fährt in einen Bahnhof ein. Foto: Volkmann
Eine S-Bahn fährt in einen Bahnhof ein. Foto: Volkmann

Kreis Mettmann. Halbzeit beim 9-Euro-Ticket: Noch im Juli sowie im August können Fahrgäste des ÖPNV vergünstigt fahren. Schon jetzt wird eifrig diskutiert, wie es danach weitergehen soll. Klar scheint allerdings zu sein: Kommt ein Nachfolger des 9-Euro-Tickets, wird dieser preislich andere Dimensionen haben.  

Bundesweit fahren, durch alle Verkehrsverbünde, ohne Sonderregeln beim Umsteigen – es ist derzeit vor allem die Vereinfachung des ÖPNV, die viele Fans gewonnen hat. Einer der größten Fürsprecher ist derzeit Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP), der das 9-Euro-Ticket gegenüber der Osnabücker Zeitung als „fulminanten Erfolg“ bezeichnete.

So positiv die Resonanz insgesamt auch sein mag, einfach in die Verlängerung geht die vergünstigte Fahrkarte nicht. Das hatte Bundeskanzler Olaf Scholz so gut wie ausgeschlossen, Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) sprach sich bereits im Juni gegen die Verlängerung aus. Folgt man dem Grundtenor, ist der ÖPNV mit einer Art Einfach-Ticket auf dem richtigen Weg, doch es müssen Alternativen, die nicht nur attraktiv für Fahrgäste sind, sondern auch finanzierbar. Rund zehn Milliarden Euro würde den Bund das 9-Euro-Ticket kosten, liefe es nahtlos weiter – zu viel.

Was also kommt danach? Es wird diskutiert: Über ein Klimaticket als Nachfolger, über eine Abwandlung des österreichischen 365-Euro-Tickets und über einiges dazwischen. Die Linke forderte jüngst zunächst eine Verlängerung des 9-Euro-Tickets bis zum Ende des Jahres, anschließend soll es dann mit einem 1-Euro-Ticket weitergehen – ein Euro pro Tag. Linken-Chefin Janine Wissler brachte gar Bus- und Bahnfahrten mittelfristig zum Nulltarif ins Spiel. Die Verbraucherzentrale sprachen von einem 29-Euro-Ticket – teurer also, aber ebenso einfach in der Nutzung. Der Verkehrsclub Deutschland hingegen hat die Idee eines „Länder-Plus-Tickets“ entwickelt: Statt Tarif-Flickschusterei sollen es acht sich teilweise überlappende Großgebiete richten – die Kosten lägen dann zwischen 30 und 75 Euro monatlich.

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Über Preise im ÖPNV ist man uneins. Weitestgehend Übereinstimmung herrscht allerdings bezüglich der notwendigen Vereinfachung des öffentlichen Nachverkehrs. Gedanken macht man sich als Fahrgast dann über seine Reiseziele, nicht über den Tarifdschungel, der auf dem Weg lauern könnte. „Wenn die komplizierten Tarifzonen verschwinden und die Tickets bundesweit gelten, wird der öffentliche Nahverkehr sehr viel stärker genutzt“, gab Verkehrsminister Wissing gegenüber der Osnabrücker Zeitung an. Im Herbst will man Schlüsse aus dem befristeten Experiment ziehen.

Einen Plan für den Herbst hat inzwischen auch der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV), der mit dem 69-Euro-Ticket eine weitere Idee für eine Nahverkehrs-Flatrate ins Spiel bringt: das „bundesweit gültige ÖPNV-Klimaticket“ soll das 9-Euro-Ticket ab 1. September ablösen, so der Vorschlag. Zielgruppe sind zahlungswillige Autofahrer, wie aus der Marktforschung hervorgehen soll. Die Entscheidung für das rund 70 Euro teure Ticket wäre dann eine aktive – einfach umgemünzt würde der Fahrschein für Abonnenten nicht, denn je nach aktuell gewähltem Tarif käme man bei entsprechendem Fahrverhalten mit bisherigen Abo-Fahrscheinen günstiger weg. Ohnehin müsste die Politik einen Auftrag erteilen, dann allerdings könne man das 69-Euro-Ticket kurzfristig realisieren – womöglich als Übergangslösung, um zum neuen Jahr andere Alternativen für den ÖPNV vorzubereiten.

Das Fazit fällt schon jetzt bei der Union zumindest bezogen auf die ländlichen Regionen nüchtern aus. Der Reutlinger CDU-Bundestagsabgeordnete Michael Donth kritisiert: „Denn völlig überraschend fährt auch dort für 9 Euro im Monat kein einziger Bus mehr.“

Wie sehr das sogar in Ballungsräumen auffällt, spüren die Menschen im Kreis Mettmann an mehreren Stellen. Die Anschlussmöglichkeiten sind zeitlich nicht gut abgestimmt, es fahren auf einigen Strecken zu wenige Busse oder Bahnen, S-Bahnhöfe als zentrale Zubringer in umliegende Städte sind teils schlecht oder nur mit deutlichen Warte- und Fahrtzeiten zu erreichen.

Das 9-Euro-Ticket und seine Alternativen sind demnach nicht nur als Aufruf an die Preisgestaltung zu verstehen, sondern auch an den Ausbau und die Modernisierung des ÖPNV insgesamt.

Wer „Leidensgeschichten“ von Fahrten im ÖPNV im Kreis Mettmann erzählen möchte, kann eine E-Mail senden an: redaktion@supertipp-online.de