Am Samstag in der Innenstadt versammelten sich rund 200 Wülfrather Bürgerinnen und Bürger. Foto: Volkmann
Am Samstag in der Innenstadt versammelten sich rund 200 Wülfrather Bürgerinnen und Bürger. Foto: Volkmann

Wülfrath. Das Bündnis „Wülfrath zeigt Haltung“ hatte für Samstag zu einer Demonstration aufgerufen. Setzen wollte man ein Zeichen für Toleranz, Vielfalt und eine lebendige Demokratie. 


Es war im Januar, da überraschte das kleine Städtchen Wülfrath nicht zuletzt die Kommunen im Kreis Mettmann, als zu einer Demonstration gegen Rechtsextremismus und für Vielfalt und Toleranz über 2.000 Menschen in den Innenstadt strömten. Am heutigen Samstag hatte nun das noch junge Bündnis „Wülfrath zeigt Haltung“ erneut zu einem Protest gegen Rechtspopulismus ausgerufen und auf die Relevanz der Europawahl hingewiesen. Die Organisatoren gingen weitaus weniger optimistisch an die Sache heran: bis zu 300 Teilnehmer hatte man erwartet – die Polizei bestätigte letztlich die Zahl der Demonstranten: etwa 200.

Die Botschaft war diesmal also leiser, aber ebenso deutlich: „Wir sind Europa. Wir sind mehr. Geht wählen!“. Auch wenn es um Wahlen und ums Wählen ging, politische Statements aus den Parteien waren nicht zu hören: Das habe man im Vorfeld – auch gemeinsam mit den Wülfrather Fraktionen – so abgesprochen, erklärt Mitorganisatorin Anne Schemann. Mit einem Megafon ausgestattet führte sie den bunten Zug an, der nach einer Auftaktkundgebung in der City eine Runde um den Innenstadtkern drehte und zu einem musikalischen Abschluss erneut vor der Sparkasse zusammenkam.

Die Demonstranten und Redner setzten Zeichen gegen Rechtsextremismus sowie für Toleranz, Vielfalt und Demokratie. Vor allem letztere stand angesichts der nahenden Europawahl im Mittelpunkt der Redebeiträge: „Jede Stimme ist eine, die zählt“, so Anne Schemann in ihrem Appell, vom Wahlrecht auch tatsächlich Gebrauch zu machen. Sie ruft zu einer „Challenge“ auf: Man möge jene in seinem Freundeskreis und in der Familie finden, die nicht wählen gehen – und mindestens einen von ihnen überzeugen, es doch zu tun. „Dann hat man schon viel erreicht“, meint Schemann. Auch Helmut Späth vom inzwischen konstituierten Seniorenrat motiviert zur Teilnahme an der Europawahl am 9. Juni 2024. Als gewählte Vertreter der Senioren übernehme man politische Verantwortung für rund 30 Prozent der Wülfratherinnen und Wülfrather. „Wir leben Demokratie und geben Rechtspopulismus keinen Raum“, so Späth. „Demokratie zu erhalten, ist unser aller Aufgabe.“

Wülfrather Jugend zeigt Haltung

Anne Schemann zieht aus der Sicht der Organisatoren ein positives Fazit: „Wir sind zufrieden“. Die Technik hat funktioniert, alles ist gut gelaufen“. Es sei bezüglich der Teilnehmerzahl allerdings noch Luft nach oben: „Vor allem mehr junge Menschen müssen kommen“, so Schemann. Einige haben sich am Samstag unter die Demonstranten gemischt, andere informierten an einem Stand über die Relevanz demokratischer Grundwerte. Der „Wülf-Rat“ – ein kinder- und jugendpolitisches Beteiligungsgremium – hatte auf Einladung eine Delegation entsandt, um vor allem junge Menschen für politische Themen zu sensibilisieren. „Politik ist ein großes Thema“, so die 14 Jahre alte Ella, die sich im Wülf-Rat engagiert. Man habe vor allem sichtbar sein und aufklären wollen.

Insbesondere im Internet lauern Gefahren für die junge Generation: Schülerinnen und Schüler treffen auf Fake-News in den Sozialen Medien, auf politische Botschaften aus dem rechten Spektrum, die als Späße getarnt und auf den ersten Blick als Propaganda nicht zu durchschauen sind. Und so ist der Appell der jungen Engagierten aus dem Wülf-Rat letztlich auch ein Appell an die Erwachsenen: Sie müssen niedrigschwellige Rahmenbedingungen für Beteiligungsmöglichkeiten schaffen, Medienbildung forcieren und Aufklärungsarbeit leisten. Eines der Angebote in der Kalkstadt: Bei einer U16-Wahl des Kinder- und Jugendhauses können die jungen Wülfrather erste Erfahrungen sammeln und den Gang zur Urne üben, um das Privileg der demokratischen Wahl als solches erkennen und wertschätzen zu können.

Das noch lose Bündnis „Wülfrath zeigt Haltung“ möchte seine Strukturen nun festigen. Eine Webseite wird in Kürze als Anlaufstelle dienen. Ins Leben gerufen hat man zudem eine Banner-Aktion, bei der Akteure aus der Kalkstadt sich beteiligen können. Die Idee: Vereine, Verbände und Engagierte schießen ein Foto mit dem blauen „Wülfrath zeigt Haltung“-Banner und teilen die Fotos im Internet, um Aufmerksamkeit zu erzeugen. Auch die Bürgerstiftung wird sich mit einer eigenen Fotoaktion beteiligen: Dabei sollen Wülfrather Bürgerinnen und Bürger sich und die Vorzüge ihrer Stadt in den Mittelpunkt stellen.